Briefwechsel mit Gerlach über Legitimität und Bonapartismus. 195
wãhrend Italien aufwiegelt u. s. w. Wohin sollen wir uns
da wenden nach Ihrer Ansicht, etwa wie es der hier anwesende
Plonplon ) angedeutet haben soll, zu einer Allianz mit Frank-
reich und Rußland gegen Oestreich und England? Aus einer
solchen Allianz folgt aber ummittelbar ein überwiegender Ein-
fluß Frankreichs in Italien, die gänzliche Revolutionirung dieses
Landes und ebenfalls ein überwiegender Einfluß von Bona-
parte in Deutschland. An diesem Einfluß würde man uns in
den untergeordneten Sphären einigen Antheil lassen, aber
keinen großen und keinen langen. Wir haben ja schon einmal
Deutschland unter russisch-französischem Einflusse gesehen 1801
bis 1803, wo die Bisthümer säcularisirt und nach Pariser und
Petersburger Vorschristen vertheilt wurden; Preußen, was sich
damals gut mit den beiden Staaten und schlecht mit Oestreich
und England stand, erhielt auch etwas ab bei der Theilung,
aber nicht viel, und sein Einfluß war geringer als je.
L. v. G.“
Ohne näher auf seinen Brief einzugehn, schrieb ich dem
General am 11. Mai#:
„.. Berliner Nachrichten sagen mir, daß man mich am
Hofe als Bonapartisten bezeichnet. Man thut mir Unrecht
damit. Im Jahre 50 wurde ich von unsern Gegnern ver-
rätherischer Hinneigung zu Oestreich angeklagt, und man nannte
uns die Wiener in Berlin; später fand man, daß wir nach
Juchten rochen, und nannte uns Spree-Kosaken. Ich habe
damals auf die Frage, ob ich Russisch oder westmächtlich sei,
stets geantwortet, ich bin Preußisch, und mein Ideal für aus-
wärtige Politiker ist die Vorurtheilsfreiheit, die Unabhängig-
keit der Entschließungen von den Eindrücken der Abneigung
oder der Vorliebe für fremde Staaten und deren Regenten.
Ich habe, was das Ausland anbelangt, in meinem Leben nur
1) Prinz Napoleon.
2) Briefe Bismarck's an L. v. Gerlach S. 324 ff.