Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

196 Achtes Kapitel: Besuch in Paris. 
für England und seine Bewohner Sympathie gehabt und bin 
stundenweis noch nicht frei davon; aber die Leute wollen sich 
ja von uns nicht lieben lassen, und ich würde, sobald man mir 
nachweist, daß es im Interesse einer gesunden und wohldurch- 
dachten Preußischen Politik liegt, unfre Truppen mit derselben 
Genugthuung auf die Französischen, Russischen, Englischen oder 
Oestreichischen feuern sehn. In Friedenszeiten halte ich es für 
muthwillige Selbstschwächung, sich Verstimmungen zuzuziehn 
oder solche zu unterhalten, ohne daß man einen praktischen 
politischen Zweck damit verbindet, und die Freiheit seiner 
künftigen Entschließungen und Verbindungen vagen und un- 
erwiderten Sympathien zu opfern, Concessionen, wie sie Oest- 
reich jetzt in Betreff Rastatts von uns erwartet, lediglich aus 
Gutmüthigkeit und love of approbation 1) zu machen. Können 
wir jetzt kein Aequivalent für eine Gefälligkeit der Art er- 
warten, so sollten wir auch unfre Concession zurückhalten; die 
Gelegenheit, sie als Ausgleichungsobject zu verwerthen, kommt 
vielleicht später einmal. Die Nützlichkeit für den Bund kann 
doch nicht die ausschließliche Richtschnur Preußischer Politik 
sein, denn das Allernützlichste für den Bund wäre ohne Zweifel, 
wenn wir uns und alle Deutsche Regirungen Oestreich mili- 
tärisch, politisch und commerciell im Zollverein unterordneten; 
unter einheitlicher Leitung würde der Bund in Krieg und Frieden 
ganz andre Dinge leisten, auch wirklich haltbar werden für 
Kriegsfälle .“ 
Gerlach antwortete mir unter dem 21. Mai#ß: 
„Als ich Ihren Brief vom 11. d. M. erhielt, dachte ich 
schon, es wäre eine Antwort auf meine versuchte Widerlegung 
Ihres ausführlichen Schreibens vom 2. d. M. Ich war daher 
sehr gespannt, da es mir sehr schwer wird, mit Ihnen ver- 
schiedener Meinung zu sein, und ich auf eine Verständigung 
1) Sucht, den Beifall anderer zu finden. 
:„) Briefe Gerlach's 2c. S. 213 ff.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.