Briefwechsel mit Gerlach über Legitimität und Bonapartismus. 203
hält uns nicht ab, die Beziehungen unsres Königs zu den
Monarchen dieser Länder milder zu beurtheilen als diejenigen
zu Napoleon III. Was steckt denn Besondres in dem Letzten
und in der Französischen Revolution überhaupt? Die un-
fürstliche Herkunft der Bonaparte thut viel, aber sie findet in
Schweden auch statt, ohne dieselbe Consequenz. Liegt dieses
„Besondre“ grade in der Familie Bonaparte? Dieselbe hat
weder die Revolution in die Welt gebracht, noch würde die
Revolution beseitigt oder auch nur unschädlich gemacht, wenn
man diese Familie ausrottete. Die Revolution ist viel älter
als die Bonapartes und viel breiter in der Grundlage als
Frankreich. Wenn man ihr einen irdischen Ursprung anweisen
will, so wäre auch der nicht in Frankreich, sondern eher in
England zu suchen, wenn nicht noch früher in Deutschland oder
in Rom, je nachdem man die Auswüchse der Reformation oder
die der Römischen Kirche und die Einführung des Römischen
Rechtes in die Germanische Welt als schuldig ansehn will.
Der erste Napoleon hat damit begonnen, die Revolution
in Frankreich für seinen Ehrgeiz mit Erfolg zu benutzen und
sie später ohne Erfolg und mit falschen Mitteln zu bekämpfen
gesucht; er wäre sie recht gern aus seiner Vergangenheit los
gewesen, nachdem er die Frucht davon gepflückt und in der
Tasche hatte; gefördert wenigstens hat er sie nicht in dem
Grade, wie die drei Louis vor ihm durch Einführung des Ab-
solutismus unter Louis XIV., durch die Unwürdigkeiten der
Regentschaft und des Louis XV., durch die Schwäche von
Louis XVI., der am 14. September 91 bei Annahme der Ver-
fassung die Revolution als beendigt proclamirte; fertig war sie
allerdings. Das Haus Bourbon hat mehr für die Revolution
gethan als alle Bonaparten, auch wenn man ihm Philippe
Egalité nicht zur Last schreibt.
Der Bonapartismus ist nicht der Vater der Revolution,
er ist nur wie jeder Absolutismus ein fruchtbares Feld für