220 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft.
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lition“, würde schwerer zu behalten als zu nehmen sein, —
%"un dépot que I’Europe coalisée un jour viendrait reprendre“ 1),
eine solche an Napoleon I. erinnernde Prätension sei für die
gegenwärtigen Verhältnisse zu hoch; man würde sagen, Frank-
reichs Hand sei gegen Jedermann, und deshalb würde Jeder-
manns Hand gegen Frankreich sein. Vielleicht werde er unter
Umständen zur Befriedigung des Nationalstolzes „une petite
rectification des frontières“:) verlangen, könne aber ohne solche
leben. Wenn er wieder eines Krieges bedürfen sollte, würde
er denselben eher in der Richtung nach Italien suchen. Einer-
seits habe dieses Land doch immer eine große Affinität mit
Frankreich, andrerseits sei das letztre an Landmacht und an
Siegen zu Lande reich genug. Eine viel pikantre Befriedigung
würden die Franzosen in einer Ausdehnung ihrer Seemacht
finden. Er denke nicht daran, das Mittelmeer grade zu einem
französischen See zu machen, „mais à peu près":). Der Fran-
zose sei kein Seemann von Natur, sondern ein guter Landsoldat,
und eben deshalb seien Erfolge zur See ihm viel schmeichel-
hafter. Dies allein sei das Motiv, welches ihn hätte veran-
lassen können, zur Zerstörung der russischen Flotte im Schwarzen
Meere zu helfen, da Rußland, wenn dereinst im Besitz eines
so vortrefflichen Materials wie die griechischen Matrosen, ein
zu gefährlicher Rival im Mittelmeer werden würde. Ich hatte
den Eindruck, daß der Kaiser in diesem Punkte nicht ganz auf-
richtig war, daß ihm die Zerstörung der russischen Flotte eher
leid that und daß er sich nachträglich eine Rechtfertigung für
das Ergebniß des Krieges zurecht machte, in den England
1) Müßte die Coalition zustande bringen — ein Depot, welches das
verbündete Europa eines Tages zurücknehmen würde. — Vgl. Bismarck's
Brief an den Minister v. Schleinitz vom 9. Febr. 1860 in Bismarck's
Briefwechsel mit Schleinitz S. 59.
2) Eine kleine Berichtigung der Grenzen.
:) Aber ungefähr.