Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

236 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft. 
  
Nachdem ich meinen Antrag auf Verabschiedung zurückge- 
nommen hatte ½), erhielt ich folgenden Brief#: 
„Berlin, den 26. Februar 1869. 
Als ich Ihnen am 22. in meiner Bestürzung über Wehr- 
mann's Mittheilung ein sehr flüchtiges, aber desto eindring- 
licheres Billet schrieb, um Sie von Ihrem Verderben drohenden 
Vorhaben abzuhalten, konnte ich annehmen, daß Ihre Antwort 
in ihrem Endresultat meinen Vorstellungen Gehör geben würde 
— und ich habe mich nicht geirrt. Dank, herzlichen Dank, daß 
Sie meine Erwartung nicht täuschten! # 
Was nun die Hauptgründe betrifft, die Sie momentan an 
Ihren Rücktritt denken ließen, so erkenne ich die Triftigkeit 
derselben vollkommen an, und Sie werden Sich erinnern, in 
wie eindringlicher Art ich Sie im Dezember v. J. bei Wieder- 
übernahme der Geschäfte aufforderte, Sich jede mögliche Er- 
leichterung zu verschaffen, damit Sie nicht von Neuem der vor- 
auszusehenden Last und Masse der Arbeit unterlägen. Leider 
scheint es, daß Sie eine solche Erleichterung (nicht einmal die 
Abbürdung Lauenburgs) nicht für angänglich gefunden haben 
und daß meine desfalsigen Befürchtungen sich in erhöhtem Maaß 
bewahrheitet haben, und zwar in einem Grade, daß Sie zu 
unheilvollen Gedanken und Beschlüssen gelangen sollten. Wenn 
Ihrer Schilderung nach nun noch Erschwernisse in Bewältigung 
einzelner Geschäftsmomente eingetreten sind, so bedauert das 
Niemand mehr wie ich. Eine derselben ist die Stellung Sulzers?). 
Schon vor längerer Zeit habe ich die Hand zu dessen ander- 
weitiger Placirung gebothen, so daß es meine Schuld nicht ist, 
wenn dieselbe nicht erfolgt ist, nachdem Eulenburg sich selbst 
auch von derselben nunmehr überzeugt hat. Wenn eine ähn- 
1) Bismarck-Jahrbuch 1 79 ff., Anhang zu den Gedanken und Er- 
innerungen 1 190 ff. Nr. 210. 
:) Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen 1 195 ff. Nr. 211. 
?) Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern.
	        
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