Briefwechsel mit Roon über Bismarck's Eintritt ins Ministerium. 291
mit der angenommnen einen Sieg erfochten zu haben. In
einer Adresse führt eine Kammer Manöver mit markirtem
Feinde und Platzpatronen auf. Nehmen die Leute das Schein-
gefecht für ernsten Sieg und zerstreuen sich plündernd und maro-
dirend auf Königlichem Rechtsboden, so kommt wohl die Zeit,
daß der markirte Feind seine Batterien demaskirt und scharf
schießt. Ich vermisse etwas Gemüthlichkeit in unfrer Auffassung;
Ihr Brief athmet ehrlichen Kriegerzorn, geschärft von des
Kampfes Staub und Hitze. Sie haben, ohne Schmeichelei, vor-
züglich geantwortet ), aber es ist eigentlich schade drum, die
Leute verstehn kein Deutsch. Unsern freundlichen Nachbar hier
habe ich ruhig und behäbig gefunden, sehr wohlwollend für uns,
sehr geneigt, die Schwierigkeiten der „deutschen Frage“ zu be-
sprechen; er kann seine Sympathien keiner der bestehenden
Dynastien versagen, aber er hofft, daß Preußen die große ihm
gestellte Aufgabe mit Erfolg lösen werde, die deutsche nämlich,
dann werde die Regirung auch im Innern Vertraun gewinnen.
Lauter schöne Worte. Um zu erklären, daß ich mich bisher
nicht recht wohnlich einrichte, sage ich den Fragern, daß ich in
Kurzem für einige Monat Urlaub zu nehmen denke, um dann
mit meiner Frau wiederzukommen.
10. Juni. Die Antwort Sr. M. auf die Adresse macht in
ihrer zurückhaltenden Gemessenheit einen sehr würdigen Eindruck,
und kühl, keine Gereiztheit. Anspielungen auf Schleinitz' Ein-
tritt für Hohenlohe finden sich in mehren Blättern. Ich gönne
es ihm von Herzen, und Hausminister bleibt er dabei doch.
Ich schicke diesen Brief morgen mit dem Feldjäger, der dann
in Aachen bleibt, bis er wieder etwas aus Berlin herzubringen
bekommt. Meine Empfehlungen an Ihre Damen; den Meinigen
geht es gut. In alter Treue
Jür v. B.“
1) S. die Rede Roon's vom 5. Juni 1862 in Roon, Kriegsminister
v. Roon als Redner. (Breslau, E. Trewendt.) I 161 ff.