Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Brief Bismarck's an Roon. Berufung nach Berlin. 303 
Was verstehn Sie unter „Ende dieser Session“!? Läßt sich 
das so bestimmt voraussehn, wird sie nicht in die Wintersession 
ohne Pause übergehn? Und kann man die Kammern schließen 
ohne Resultat über das Budget? Ich will die Frage nicht grade 
verneinen, es kommt auf den Feldzugsplan an. 
Ich reise eben nach Montpellier ab, von dort über Lyon 
nach Paris. Bitte schreiben Sie mir dahin, und grüßen Sie 
herzlich die Ihrigen. In treuer Freundschaft 
Ihr 
v. B.“ 1) 
In Paris erhielt ich folgendes Telegramm, dessen Unter- 
schrift auf einer Verabredung beruhte: 
Berlin, le 18. Septembre. 
Periculum in mora. Dépöchez-vous. 
T'oncle de Maurice Henning)). 
Henning war der zweite Vorname Moritz Blanckenburg's, 
des Neffen von Roon. Obwohl es die Fassung zweifelhaft ließ, 
ob die Aufforderung aus der eignen Initiative Roon's hervor- 
gegangen oder von dem Könige veranlaßt war, zögerte ich 
nicht abzureisen. 
Am 20. September Morgens in Berlin angelangt ), wurde 
ich zu dem Kronprinzen beschieden. Auf seine Frage, wie ich 
die Situation ansähe, konnte ich nur sehr zurückhaltend ant- 
worten, weil ich während der letzten Wochen keine deutschen 
Zeitungen gelesen und in einer Art von dépit!") mich über 
heimische Angelegenheiten nicht informirt hatte. Meine Ver- 
1) S. Bismarckbriefe (8. Aufl.) S. 359 ff., Roon's Denkwürdigkeiten 
II. 117 ff. 
„:) Gefahr im Verzuge. Beeilen Sie sich. Der Onkel von Moritz 
Henning. 
„) Vgl. Bismarck's Brief an die Gattin vom 21. Sept. 1862, Bis- 
marck's Briefe an seine Braut und Gattin S. 512 f. 
) Aerger.
	        
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