„Eisen und Blut.“ Muthlosigkeit des Königs. 325
und gewaltsame Mittel scheuenden Veranlagung mißtrauisch
gegen mich und meine Absichten zu machen. Um dem vermuth-
lichen Eindruck der Presse auf ihn bei Zeiten entgegen zu wirken,
fuhr ich ihm nach Jüterbogk entgegen.
Ich hatte einige Mühe, durch Erkundigungen bei kurz an-
gebundnen Schaffnern des fahrplanmäßigen Zuges den Wagen
zu ermitteln, in dem der König allein in einem gewöhnlichen
Coupsé erster Klasse saß. Er war unter der Nachwirkung des
Verkehrs mit seiner Gemalin sichtlich in gedrückter Stimmung,
und als ich um die Erlaubniß bat, die Vorgänge während
seiner Abwesenheit darzulegen, unterbrach er mich mit den
Worten:
„Ich sehe ganz genau voraus, wie das Alles endigen wird.
Da vor dem Opernplatz, unter meinen Fenstern, wird man
Ihnen den Kopf abschlagen und etwas später mir.“
Ich errieth, und es ist mir später von Zeugen bestätigt
worden, daß er während des achttägigen Aufenthalts in Baden
mit Variationen über das Thema Polignac, Strafford, Lud-
wig XVI. bearbeitet worden war. Als er schwieg, antwortete
ich mit der kurzen Phrase „Et après, Sire?“ — „Ja, aprds,
dann sind wir todt!“ erwiderte der König. „Ja/“ fuhr ich
sort, „dann sind wir todt, aber sterben müssen wir früher oder
später doch, und können wir anständiger umkommen? Ich selbst
im Kampfe für die Sache meines Königs, und Eure Mazjestät,
indem Sie Ihre königlichen Rechte von Gottes Gnaden mit
dem eignen Blute besiegeln, ob auf dem Schaffot oder auf
dem Schlachtfelde, ändert nichts an dem rühmlichen Einsetzen
von Leib und Leben für die von Gottes Gnaden verliehnen
Rechte. Eure Majestät müssen nicht an Ludwig XVI. denken;
1) Polignac wurde als reactionärer Minister Karl's X. von Frank-
reich am 21. December 1830 zu ewigem Gefängniß und bürgerlichem
Tode verurtheilt; Strafford, Minister Karl's I. von England, wurde am
12. Mai 1641 hingerichtet; Ludwig XVI. am 21. Januar 1793.