Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Wie Bismarck die Muthlosigkeit des Königs überwand. 327 
  
Lage eines Offiziers, der die Aufgabe hat, einen bestimmten 
Posten auf Tod und Leben zu behaupten, gleichviel, ob er 
darauf umkommt oder nicht. Damit war er auf einen seinem 
ganzen Gedankengange vertrauten Weg gestellt und fand in 
wenigen Minuten die Sicherheit wieder, um die er in Baden 
gebracht worden war, und selbst seine Heiterkeit. Das Leben 
für König und Vaterland einzusetzen, war die Pflicht des 
preußischen Offiziers, um so mehr die des Königs als des 
ersten Offiziers im Lande. Sobald er seine Stellung unter 
dem Gesichtspunkte der Offiziersehre betrachtete, hatte sie für 
ihn ebenso wenig Bedenkliches wie für jeden normalen preußi- 
schen Offizier die instructionsmäßige Vertheidigung eines viel- 
leicht verlornen Postens. Er war der Sorge vor der „Ma- 
növerkritik“, welche von der öffentlichen Meinung, der Geschichte 
und der Gemalin an seinem politischen Manöver geübt werden 
könnte, überhoben. Er fühlte sich ganz in der Aufgabe des 
ersten Offiziers der Preußischen Monarchie, für den der Unter- 
gang im Dienste ein ehrenvoller Abschluß der ihm gestellten 
Aufgabe ist. Der Beweis der Richtigkeit meiner Beurtheilung 
ergab sich daraus, daß der König, den ich in Jüterbogk matt, 
niedergeschlagen und entmuthigt gesunden hatte, schon vor der 
Ankunft in Berlin in eine heitre, man kann sagen, fröhliche 
und kampflustige Stimmung gerieth, die sich den empfangenden 
Ministern und Beamten gegenüber auf das Unzweideutigste er- 
kennbar machte. 
Wenn auch die abschreckenden geschichtlichen Reminiscenzen, 
die man dem Könige in Baden als Beweise beschränkter Un- 
geschicklichkeit vorgehalten hatte, auf unfre Verhältnisse nur eine 
unehrliche oder phantastische Anwendung finden konnten, so 
war unfre Situation doch ernst genug. Einzelne fortschrittliche 
Zeitungen hofften, mich zum Besten des Staates Wolle spinnen 
zu sehn, und am 17. Februar 1863 erklärte das Abgeordneten- 
haus mit 274 gegen 45 Stimmen die Minister für verfassungs-
	        
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