Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Preußens mißachtete Stellung im Bunde. Dynastische Anhänglichkeit. 331 
  
listisch lösen, nur militärisch zerhaun; es kam darauf an, den 
König von Preußen, bewußt oder unbewußt, und damit das 
preußische Heer für den Dienst der nationalen Sache zu ge- 
winnen, mochte man vom borussischen Standpunkte die Führung 
Preußens oder auf dem nationalen die Einigung Deutschlands 
als die Hauptsache betrachten; beide Ziele deckten einander. 
Das war mir klar, und ich deutete es an, als ich in der Budget- 
commission (30. September 1862) die vielfach entstellte Aeuße- 
rung über Eisen und Blut that ½. 
Preußen war nominell eine Großmacht, jedenfalls die 
fünfte; es hatte diese Stellung durch die geistige Ueberlegenheit 
Friedrich's des Großen erlangt und durch die gewaltigen 
Leistungen der Volkskraft 1813 rehabilitirt. Ohne die ritter- 
liche Haltung des Kaisers Alexander I., die er von 1812 an 
unter Steinischem, jedenfalls deutschem Einfluß bis zum Wiener 
Congreß beobachtete, wäre es fraglich geblieben, ob die natio- 
nale Begeisterung der vier Millionen Preußen des Tilsiter 
Friedens und einer andern vielleicht gleichen Zahl von sym- 
pathizers?) in altpreußischen oder deutschen Ländern genügt 
hätte, von der damaligen Humboldt'schen und Hardenberg'schen 
Diplomatie und der Schüchternheit Friedrich Wilhelm's III. so 
verwerthet zu werden, daß auch nur die künstliche Neubildung 
Preußens, so wie sie 1815 geschah, zu Stande gekommen wäre. 
Das Körpergewicht Preußens entsprach damals nicht seiner 
geistigen Bedeutung und seiner Leistung in den Freiheitskriegen. 
Deutscher Patriotismus bedarf in der Regel, um thätig und 
wirksam zu werden, der Vermittlung dynastischer Anhänglichkeit; 
unabhängig von letztrer kommt er praktisch nur in seltnen Fällen 
zur Hebung, wenn auch theoretisch täglich, in Parlamenten, 
Zeitungen und Versammlungen; in praxi ) bedarf der Deutsche 
1) S. o. S. 324. 
2) Mitfühlende Freunde. 
:) In Wirklichkeit.
	        
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