356 Fünfzehntes Kapitel: Die Alvensleben'sche Convention.
liche Gewissensfreiheit und Aufhebung der die Ausübung des
katholischen Cultus treffenden Beschränkungen, 5. Ausschließ-
licher Gebrauch der polnischen Sprache als amtlicher Sprache
in der Verwaltung, der Justiz und dem Unterrichtswesen,
6. Einführung eines regelmäßigen und gesetzlichen Rekrutirungs-
systems.“ Den Vorschlag Gortschakow's, daß Rußland, Oest-
reich und Preußen sich in's Einvernehmen setzen möchten, um
das Loos ihrer betreffenden polnischen Unterthanen festzustellen,
wies die östreichische Regirung mit der Erklärung zurück, „daß
das zwischen den drei Cabineten von Wien, London und Paris
hergestellte Einverständniß ein Band zwischen ihnen bildet, von
dem Oestreich sich jetzt nicht loslösen kann, um abgesondert mit
Rußland zu unterhandeln“. Es zwar das die Situation, sin
welcher Kaiser Alexander Sr. Majestät in eigenhändigem
Schreiben nach Gastein den Entschluß, den Degen zu ziehn,
kundgab und Preußens Bündniß verlangte ½.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß die damalige Intimität mit
den beiden Westmächten zu dem Entschlusse des Kaisers Franz
Joseph mitgewirkt hat, am 2. August den Vorstoß mit dem
Fürstencongreß gegen Preußen zu machen. Freilich hätte
er sich dabei in einem Irrthum befunden und nicht gewußt,
daß der Kaiser Napoleon der polnischen Sache schon über-
drüssig und auf einen anständigen Rückzug bedacht war. Graf
Goltz schrieb mir am 31. August?#:
„Sie werden aus meiner heutigen Expedition ersehen, daß
ich mit Cäsar Ein Herz und Eine Seele bin (in der That war
er noch nie, auch zu Anfang meiner Mission nicht, so liebens-
würdig und vertraulich wie diesmal), daß Oesterreich uns durch
seinen Fürstentag, was unfre Beziehungen zu Frankreich an-
betrifft, einen großen Dienst geleistet hat und daß es nur einer
befriedigenden Beilegung der polnischen Differenzen bedarf,
) S. o. S. 314, II 70 ff.
2) Bismarck-Jahrbuch V 219 f.