358 Fünfzehntes Kapitel: Die Alvensleben'sche Convention.
Dieser, schon 14 Tage vorher von dem General Fleury
einem Mitgliede der preußischen Gesandschaft gradezu gemachten
Insinuation, dem Kaiser Alexander zu dem bezeichneten Schritte
zu rathen, haben wir keine Folge gegeben, und der diplomatische
Feldzug der drei Mächte ist im Sande verlaufen. Der ganze
Plan des Grafen Goltz schien mir weder politisch richtig noch
würdig, mehr im Pariser Sinne als in unserm gedacht.
Oestreich hat der polnischen Frage gegenüber nicht die
Schwierigkeiten, die für uns in der gegenseitigen Durchsetzung
polnischer und deutscher Ansprüche in Posen und Westpreußen
und in der Lage Ostpreußens mit der Frage einer Wieder-
herstellung polnischer Unabhängigkeit unlösbar verbunden sind.
Unfre geographische Lage und die Mischung beider Nationali-
täten in den Ostprovinzen einschließlich Schlesiens nöthigen
uns, die Eröffnung der polnischen Frage nach Möglichkeit
hintanzuhalten, und ließen es auch 1863 rathsam erscheinen,
die Eröffnung dieser Frage durch Rußland nicht zu för-
dern, sondern, so viel wir konnten, zu verhüten. Es hat
vor 1863 Zeiten gegeben, da man in Petersburg auf der
Basis der Wielopolskischen Theorien ) den Großfürsten Con-
stantin mit seiner schönen Gemalin?) als Vicekönig von Polen
in Aussicht nahm — die Großfürstin trug damals polnisches
Costüm —, möglicherweise unter Herstellung der polnischen
Verfassung, die, von Alexander I. gegeben, unter dem alten
Großfürsten Constantin in formaler Geltung war.
Die Militärconvention, welche durch den General Gustav
von Alvensleben im Februar 1863 in Petersburg abgeschlossen
wurde, hatte für die preußische Politik mehr einen diplomati-
1) Graf Wielopolski sah das Heil Polens in einem engen Anschluß
an Rußland und redete einer Politik der Versöhnung das Wort. Dieser
Theorie entsprach die politische und nationale Selbständigkeit, die 1861
dem Lande in den Grenzen des s. g. Congreßpolen gewährt wurde.
:) Alexandra Josephowna.