Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Aus dem Briefwechsel Bismarck's mit Ludwig von Baiern. 405 
  
Fassung, an die andern Verbündeten zu richtenden Erklärung 
auf seinen Wunsch zu übergeben. Demselben liegt der Gedanke 
zu Grunde, welcher in der That die deutschen Stämme erfüllt: 
der deutsche Kaiser ist ihr Landsmann, der König von 
Preußen ihr Nachbar, nur der deutsche Titel bekundet, daß 
die damit verbundenen Rechte aus freier Uebertragung der 
deutschen Fürsten und Stämme hervorgehn. Daß die großen 
Fürstenhäuser Deutschlands, das Preußische eingeschlossen, durch 
das Vorhandensein eines von ihnen gewählten deutschen Kaisers 
in ihrer hohen europäischen Stellung nicht beeinträchtigt wurden, 
lehrt die Geschichte. 
In tiefer Ehrfurcht ersterbe ich 
Eurer Majestät 
unterthänigster treugehorsamster Diener 
v. Bismarck. 
Mein lieber Graf! 
Mit lebhaftem Vergnügen habe ich bemerkt, daß Sie trotz 
zahlreicher und dringender Geschäfte Muße gefunden, Ihren 
Gefühlen gegen mich Ausdruck zu verleihen. 
Ich sende Ihnen deshalb meinen wärmsten Dank; denn ich 
lege hohen Werth auf die ergebene Gesinnung eines Mannes, 
nach dem das ganze Deutschland freudigen Stolzes seine Blicke 
richtet. 
Mein Brief an Ihren König, meinen vielgeliebten hochver- 
ehrten Oheim, wird morgen in dessen Hände gelangen . — 
Ich wünsche von ganzem Herzen, daß mein Vorschlag beim 
Könige, den übrigen Bundesgliedern, welchen ich geschrieben, 
und auch bei der Nation vollsten Anklang finde, und ist es mir 
ein befriedigendes Bewußtsein, daß ich vermöge meiner Stellung 
in Deutschland wie beim Beginne, so beim Abschlusse dieses 
ruhmreichen Krieges in der Lage war, einen entscheidenden 
1) S. denselben Bd. II 139 Anm. 2.
	        
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