Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Aus dem Briefwechsel Bismarck's mit Ludwig von Baiern. 407 
Grenzen durch eigne Kraft verbürgen kann, gleichzeitig, ohne 
die freie Entwicklung der einzelnen Bundesglieder zu beein- 
trächtigen, so wird die entscheidende Stellung, die Eure Majestät 
zu der Neugestaltung des gemeinsamen Vaterlandes gewonnen 
haben, in der Geschichte und in der Dankbarkeit der Deutschen 
jederzeit unvergessen bleiben. 
Eure Majestät setzen mit Recht voraus, daß auch ich von 
der Centralisation kein Heil erwarte, sondern grade in der 
Erhaltung der Rechte, welche die Bundesverfassung den ein- 
zelnen Gliedern des Bundes sichert, die dem deutschen Geiste 
entsprechende Form der Entwicklung und zugleich die sicherste 
Bürgschaft gegen die Gefahren erblicke, welchen Recht und 
Ordnung in der freien Bewegung des heutigen politischen 
Lebens ausgesetzt sein können. Daß die Herstellung der Kaiser- 
würde durch Initiative Eurer Majestät und der verbündeten 
Fürsten den monarchisch-conservativen Interessen förderlich ist, 
beweist die feindliche Stellung, welche die republikanische Partei 
in ganz Deutschland zu derselben genommen hat. 
Eure Majestät wollen sich in Gnaden versichert halten, 
daß ich mich glücklich schätzen werde, wenn es mir gelingt, mir 
Allerhöchstdero gnädige Gesinnung zu erhalten. 
v. B. 
Mein lieber Graf! 
In Würdigung Ihrer hervorragenden Verdienste, welche 
Sie für das Zustandekommen der deutschen Bündnißverträge 
sich erworben, habe ich Ihnen zu meinem Hausorden vom 
heiligen Hubertus, welchen Sie bereits besitzen, den beifolgenden 
Stern in Brillanten verliehen. 
Ihrer Mitwirkung ist es zunächst zu danken, daß bei jenen 
Vereinbarungen die berechtigten Interessen Bayerns Berück- 
sichtigung sanden, und so mögen Sie, mein lieber Graf, in 
jener Verleihung nicht einen conventionellen Act, sondern den 
Ausdruck meiner freundschaftlichen Gesinnung erblicken, auf
	        
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