Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

Aus dem Briefwechsel Bismarck's mit Ludwig von Baiern. 409 
  
ehrten Kaisers Wilhelm wäre ein großes Unglück für Deutsch- 
land und Bayern. — Aus ganzem Herzen meine besten Grüße 
Ihnen, mein lieber Fürst, zurufend, bleibe ich stets mit be- 
sonderer Hochschätzung und tiefgewurzeltem Vertrauen 
Hohenschwangau, den 31. Juli 1874. 
Ihr 
aufrichtiger Freund 
Ludwig. 
Kissingen, den 10. August 1874. 
Allerdurchlauchtigster König, 
Allergnädigster Herr, 
Im Begriff, meine Cur zu beendigen, kann ich Kissingen 
nicht verlassen, ohne Eurer Mojestät für alle Gnade, welche 
Allerhöchstdieselben mir hier erzeigt haben, nochmals ehrfurchts- 
voll zu danken, insbesondere auch für das huldreiche Schreiben 
vom 31. v. Mts. 
Ich bin hoch beglückt durch das Vertraun, welches Eure 
Majestät mir darin aussprechen, und werde stets bestrebt sein, 
dasselbe zu verdienen; aber auch unabhängig von persönlichen 
Bürgschaften, dürfen Eure Majestät mit voller Zuversicht auf 
diejenigen rechnen, welche in der Reichsverfassung selbst liegen. 
Letztre beruht auf der föderativen Grundlage, welche sie durch 
die Bundesverträge erhalten hat, und kann nicht ohne Ver- 
tragsbruch verletzt werden. Darin unterscheidet sich die Reichs- 
verfassung von jeder Landesverfassung. Die Rechte Eurer 
Majestät bilden einen unlöslichen Theil der Reichsverfassung, 
und beruhn daher auf denselben sichern Rechtsgrundlagen wie 
alle Institutionen des Reichs. Deutschland hat gegenwärtig 
in der Institution seines Bundesrathes, und Baiern in seiner 
würdigen und einsichtigen Vertretung im Bundesrathe, eine 
feste Bürgschaft gegen jede Ausartung oder Uebertreibung der 
einheitlichen Bestrebungen. Eure Majestät werden auf die
	        
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