Aus dem Briefwechsel Bismarck's mit Ludwig von Baiern. 421
kommenen Anlaß, Sie von Herzen zu beglückwünschen. Es
bedurfte Ihrer außerordentlichen Kraft und Energie, um den
Kampf mit den widerstreitenden Ansichten und den tausend
selbstsüchtigen Interessen, welche sich Ihrem Plane entgegen-
stellten, siegreich zu bestehen. Die deutschen Lande sind Ihnen
aufs Neue zu Dank verpflichtet und streben mit wiederbelebter
Hoffnung dem Ziele materieller Wohlfahrt zu, welche die un-
erläßliche Grundlage staatlichen Lebens bildet.
Möge der Aufenthalt in Kissingen Ihnen wieder vollen
Erfolg von den Anstrengungen und Mühen der letzten Zeit
bringen. Mit diesem aus dem Herzen kommenden Wunsche
verbinde ich die Versicherung meiner besonderen Werthschätzung,
mit welcher ich bin
Hohenschwangau, den 29. Juli 1879.
Ihr
aufrichtiger Freund
Ludwig.
Kissingen, 4. August 1879.
Eure Majestät haben mich sehr glücklich gemacht durch die
huldreiche Anerkennung, welche das allerhöchste Schreiben vom
29. v. M. für mich enthält. Besonders dankbar bin ich für
die Nachsicht, mit welcher Eure Majestät die Schwierigkeiten
würdigen, welche die Partei-Leidenschaften im Bunde mit den
Privat-Interessen den von den verbündeten Regirungen ge-
planten Reformen in den Weg legen.
In wirthschaftlicher Beziehung, in Betreff des Schutzes der
deutschen Arbeit und Production, wird meines unterthänigsten
Dafürhaltens in der nächsten Zeit etwas Weiteres als das
Erreichte nicht zu erstreben, vielmehr die praktische Wirkung
abzuwarten sein: und die letztre wird in dem nächsten Jahre
sich noch nicht mit Sicherheit erkennen lassen, weil die vom
Reichstag beschlossene Hinausschiebung der Einführungstermine
dem Auslande noch Gelegenheit zu unverzollter Ueberführung