Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

30 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848. 
  
sagte meinen bäuerlichen Begleitern: „Da ist der König, ich 
werde Euch ihm vorstellen, sprecht mit ihm.“ Das lehnten sie 
aber ängstlich ab und verzogen sich schnell in die hintersten 
Reihen. Ich begrüßte den König ehrfurchtsvoll, er dankte, 
ohne mich zu erkennen, und fuhr nach dem Schlosse. Ich folgte 
ihm und hörte dort die Anrede, welche er im Marmorsaale 
an die Offiziere des Gardecorps richtete ). Bei den Worten: 
„Ich bin niemals freier und sichrer gewesen als unter dem 
Schutze meiner Bürger"“ erhob sich ein Murren und Ausfstoßen 
von Säbelscheiden, wie es ein König von Preußen in Mitten 
seiner Offiziere nie gehört haben wird und hoffentlich nie wieder 
hören wird #c). 
Mit verwundetem Gefühl kehrte ich nach Schönhausen zurück. 
Die Erinnrung an das Gespräch, welches ich in Potsdam 
mit dem General-Lieutenant von Prittwitz gehabt hatte, ver- 
anlaßte mich, im Mai folgendes, von meinen Freunden in der 
Schönhauser Gegend mitunterzeichnetes Schreiben an ihn zu 
richten: 
„Jeder, dem ein preußisches Herz in der Brust schlägt, hat 
gewiß gleich uns Unterzeichneten mit Entrüstung die Angriffe 
der Presse gelesen, welchen in den ersten Wochen nach dem 
19. März die Königlichen Truppen zum Lohn dafür ausgesetzt 
waren, daß sie ihre Pflicht im Kampfe treu erfüllt und auf 
ihrem befohlnen Rückzuge ein unübertroffnes Beispiel militä- 
rischer Disciplin und Selbstverleugnung gegeben hatten. Wenn 
die Presse seit einiger Zeit eine schicklichere Haltung beobachtet, 
X) Die meiner Erinnrung und sich unter einander widersprechenden 
Berichte der Allgemeinen Preußischen, der Vossischen und der Schle- 
sischen Zeitung liegen mir vor. (Wolff, Berliner Revolutions-Chronik 
Band 1 424.) 
1) Sie findet sich nach den Aufzeichnungen eines Offiziers in den 
Denkwürdigkeiten aus dem Leben Leopold's von Gerlach. (Berlin 1891.) 
1 148 f.; vgl. Prinz Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen, Aus meinem Leben 
(Berlin. E. S. Mittler und Sohn). 1897. I1 68f.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.