Aus Gesprächen mit Minutoli und Prittwitz. 33
dabei, daß ihm der Vorwurf gemacht werde, er habe den Auf-
stand vorausgesehn und nichts zur Verhinderung desselben ge-
than, und bestritt, daß irgend welche auffallende Symptome
zu seiner Kenntniß gekommen wären. Auf meine Entgegnung,
mir sei in Genthin von Augenzeugen gesagt worden, daß wäh-
rend der Tage vor dem 18. März fremdländisch aussehende
Männer, meistens polnisch sprechend, einige offen Waffen mit
sich führend, die andern mit schweren Gepäckstücken, in der Rich-
tung nach Berlin passirt wären, erzählte Minutoli, der Minister
von Bodelschwingh habe ihn Mitte März kommen lassen und
Besorgniß über die herrschende Gährung geäußert; darauf habe
er denselben in eine Versammlung vor den Zelten geführt.
Nachdem Bodelschwingh die dort gehaltnen Reden angehört,
habe er gesagt: „Die Leute sprechen ja ganz verständig, ich
danke Ihnen, Sie haben mich vor einer Thorheit bewahrt.“
Bedenklich für die Beurtheilung Minutoli's war seine Popu-
larität in den nächsten Tagen nach dem Straßenkampfe. Sie
war für einen Polizeipräsidenten als Ergebniß eines Aufruhrs
unnatürlich.
Auch der General von Prittwitz, der die Truppen um das
Schloß befehligt hatte, suchte mich auf und erzählte mir, mit
ihrem Abzuge sei es so zugegangen: Nachdem ihm die Procla-
mation „An meine lieben Berliner“ bekannt geworden, habe
er das Gefecht abgebrochen, aber den Schloßplatz, das Zeug-
haus und die einmündenden Straßen zum Schutze des Schlosses
besetzt gehalten. Da sei Bodelschwingh an ihn mit der Forde-
rung herangetreten: „Der Schloßplatz muß geräumt werden.“
„Das ist unmöglich,“ habe er geantwortet, „damit gebe ich den
König preis.“ Darauf Bodelschwingh: „Der König hat in
seiner Proclamation befohlen, daß alle „öffentlichen Plätze" ##)
geräumt werden sollen; ist der Schloßplatz ein öffentlicher Platz
X) Die Proclamation sagt: „alle Straßen und Plätze“.
Otto Fürst von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. I. 3