Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

50 Zweltes Kapitel: Das Jahr 1848. 
  
sundheit besondrer Schonung bedürfe, sich ängstigen würde, 
wenn ich länger als verabredet ausbliebe. Nach einiger Zeit 
erschien der Flügeladjutant Edwin von Manteuffel, wiederholte 
die Aufforderung in Form einer Einladung zur Tafel und 
sagte, der König stelle mir einen Feldjäger zur Verfügung, 
um meine Frau zu benachrichtigen. Es blieb mir nichts übrig, 
als mich nach Sanssouci zu begeben. Die Tischgesellschaft war 
sehr klein, enthielt, wenn ich mich recht erinnre, außer den 
Damen und Herrn vom Dienste nur Camphausen und mich. 
Nach der Tafel führte der König mich auf die Terrasse und 
fragte freundlich: „Wie geht es bei Ihnen?“ In der Gereizt- 
heit, die ich seit den Märztagen in mir trug, antwortete ich: 
„Schlecht.“ Darauf der König: „Ich denke, die Stimmung 
ist gut bei Ihnen.“ Darauf ich, unter dem Eindrucke von An- 
ordnungen, deren Inhalt mir nicht erinnerlich ist: „Die Stim- 
mung war sehr gut, aber seit die Revolution uns von den könig- 
lichen Behörden unter königlichem Stempel eingeimpft worden, 
ist sie schlecht geworden. Das Vertraun zu dem Beistande des 
Königs fehlt.“ In dem Augenblicke trat die Königin hinter 
einem Gebüsche hervor und sagte: „Wie können Sie so zu dem 
Könige sprechen?" — „Laß mich nur, Elise,“ versetzte der König, 
„ich werde schon mit ihm fertig werden,“ und dann zu mir 
gewandt: „Was werfen Sie mir denn eigentlich vor?" — „Die 
Räumung Berlins.“ — „Die habe ich nicht gewollt,“ erwiderte 
der König. Und die Königin, die noch in Gehörsweite ge- 
blieben war, setzte hinzu: „Daran ist der König ganz unschuldig, 
er hatte seit drei Tagen nicht geschlafen.“ — „Ein König muß 
schlafen können,“ versetzte ich. Unbeirrt durch diese schroffe 
Aeußerung sagte der König: „Man ist immer klüger, wenn 
man von dem Rathhause kommt; was wäre denn damit ge- 
wonnen, daß ich zugäbe, „wie ein Esel“ gehandelt zu haben? 
Vorwürfe sind nicht das Mittel, einen umgestürzten Thron 
wieder aufzurichten, dazu bedarf ich des Beistandes und thätiger
	        
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