58 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.
Brandenburg an mich gewiesen hatte, um sich die Situation
klar machen zu lassen. Ich that das nach Möglichkeit und
fragte: „Sind Sie bereit?" Er antwortete mit der Gegen-
frage: „Welcher Anzug ist bestimmt?“ — „Civil “ erwiderte
ich. — „Das habe ich nicht,“ sagte er. Ich besorgte ihm einen
Lohndiener, und es wurde glücklich noch vor der festgesetzten
Stunde ein Anzug aus einer Kleiderhandlung beschafft. Für
die Sicherheit der Minister wurden mannigfache Vorsichtsmaß-
regeln getroffen. Zunächst waren im Schauspielhause selbst
außer einer starken Polizeitruppe ungefähr dreißig der besten
Schützen des Garde-Jäger-Bataillons so untergebracht, daß sie
auf ein bestimmtes Signal im Saale und auf den Gallerien
erscheinen und mit ihren der größten Genauigkeit sichern Schüssen
die Minister decken konnten, wenn sie thätlich bedroht wurden.
Es ließ sich annehmen, daß auf die ersten Schüsse die Insassen
den Saal schnell räumen würden. Entsprechende Vorkehrungen
waren an den Fenstern des Schauspielhauses und in ver-
schiednen Gebäuden am Gensdarmenmarkt getroffen, in der
Absicht, den Rückzug der Minister aus dem Schauspielhause
gegen etwaige feindliche Angriffe zu decken; man nahm an, daß
auch größre etwa dort versammelte Massen sich zerstreuen
würden, sobald aus verschiednen Richtungen Schüsse fielen.
Herr von Manteuffel machte noch darauf aufmerksam, daß
der Eingang zum Schauspielhause in der dort engen Charlotten-
straße nicht gedeckt sei; ich erbot mich, zu bewirken, daß die
ihm gegenüber liegende Wohnung des beurlaubten hanöverschen
Gesandten, Grafen Knyphausen, von Militär besetzt würde.
Ich begab mich noch in der Nacht zu dem Obersten von Gries-
heim im Kriegsministerium, der mit den militärischen Anord-
nungen betraut war, stieß aber bei ihm auf Bedenken, ob man
eine Gesandschaft zu solchem Zwecke benutzen dürfe. Ich suchte
nun den hanöverschen Geschäftsträger, Grafen Platen, auf, der
das dem Könige von Hanover gehörige Haus unter den Linden