68 Drittes Kapitel: Erfurt, Olmütz, Dresden.
die Entschließungen fremder Höfe stark genug, so gebe es kein
Mittel, zu verhindern, daß fürstliche Correspondenzen oder
irgend welche mehr oder weniger distinguirte Privatleute, bis
in die Kategorie der internationalen Zahnärzte hinein, die
Träger politischer Verhandlungen würden.
Mir schien es damals nützlicher, anstatt der theoretischen
Erörterungen über Verfassungsparagraphen die vorhandne
lebenskräftige preußische Militärmacht in den Vordergrund zu
stellen, wie es gegen den Aufstand in Dresden geschehn war
und in den übrigen außerpreußischen Staaten hätte geschehn
können. Die Dresdner Vorgänge hatten gezeigt, daß in der
sächsischen Truppe Disciplin und Treue unerschüttert waren,
sobald die preußische Verstärkung die militärische Lage haltbar
machte. Ebenso erwiesen sich bei den Kämpfen in Frankfurt
die hessische, in Baden die mecklenburgische Truppe zuverlässig,
sobald sie überzeugt waren, daß eine bewußte Leitung stattfand
und einheitliche Befehle gegeben wurden, und sobald man ihnen
nicht zumuthete, sich angreifen zu lassen und sich nicht zu wehren.
Hätte man damals von Berlin aus die eigne Armee rechtzeitig
und hinreichend verstärkt und mit ihr die Führung auf mili-
tärischem Gebiete ohne Hintergedanken übernommen, so weiß
ich nicht, was zu Zweifeln an einem günstigen Erfolge hätte
berechtigen können. Die Situation war nicht so klar in allen
Rechts- und Gewissensfragen wie Anfangs März 1848, aber
politisch immerhin nicht ungünstig.
Wenn ich von Hintergedanken spreche, so meine ich damit
den Verzicht auf Beifall und Popularität bei verwandten
Fürstenhäusern, bei Parlamenten, Historikern und in der Tages-
presse. Als öffentliche Meinung imponirte damals die tägliche
Strömung, die in der Presse und den Parlamenten am lautesten
rauscht, aber nicht maßgebend ist für die Volksstimmung, von
der es abhängt, ob die Masse den auf regelmäßigem Wege von
oben ergehenden Anforderungen noch Folge leistet. Die geistige