Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Fabrikanten — Fabrikarbeiter. 
die Fabrikräume außer Verbindung mit dem 
Wohnhause des Fabrikanten stehen. Daß der 
Unternehmer sich ausnahmsweise an den tech— 
nischen Verrichtungen beteiligt, ist mit seiner 
Steilung als Fabrikant nicht unverträglich. 
Gleichgültig ist, ob die Beschäftigung des Ar— 
beiters eine mehr oder weniger mechanische ist, 
oder auch ihren Geschmach, ihre Geschichklichkeit 
usw. in Anspruch nimmt, sowie ob der Absatz 
der F. durch vorausgegangene Bestellung ge- 
sichert oder auf Vorrat gearbeitet wird usw., 
entscheidend ist der Gesamtcharakter des Be- 
triebes (Rö St. 26, 161). Eine Kaffee- 
brennerei, zu der zwei Brenntrommeln von 
je 70—100 kg Fassungsvermögen, ein Gas- 
motor von zwei bis vier Pferdekräften, der 
zugleich einen durch drei Stochwerke bis in 
den Brennereiraum führenden Aufzug treibt, 
sowie ein anstoßender Kontorraum gehört und 
in der nur zwei Arbeiter beschäftigt werden, 
ist als F. nicht anzusehen (OV. vom 3. April 
1884 — Pr. 5, 270). 
Den F. im Sinne der Gewp. sind nach 
GewpO. 8 154 Abs. 2 die Hüttenwerke, Zimmer- 
plätze und andere Bauhöfe, Werften sowie 
solche Ziegeleien, über Tage betriebene Brüche 
und Gruben, welche nicht bloß vorübergehend 
oder in geringem Umfange betrieben werden, 
hinsichtlich der Beschäftigung von jugendlichen. 
Arbeitern (s. d.) und von Arbeiterinnen (s. d.) und 
nach § 154a Abs. 1 die Bergwerke, Salinen, 
Aufbereitungsanstalten und die unterirdisch be- 
triebenen Brüche oder Gruben hinsichtlich der 
Lohnzahlung (s. Lohn), der Beschäftigung 
jugendlicher Arbeiter (s. d.) und Arbeiterinnen 
(s. d.) und des Koalitionsrechts (s. d.) gleich- 
gestellt. Steht für einen Gewerbebetrieb fest, 
daß für die darin beschäftigten Arbeitskräfte 
alle Vorschriften der GewO. Tit. VII Abschn. IV. 
gelten, so folgt daraus ohne weiteres, daß der 
betreffende Betrieb nicht unter die Organisation 
des Handwerks fällt; bei denjenigen Gewerbe- 
betrieben, die den F. in dieser Beziehung nach 
Gew. § 154 Abs. 2 gleichgestellt sind, ist in 
jedem Einzelfalle Ju prüfen, ob diese Vor- 
schriften auf den Betrieb Anwendung finden; 
weil er nach seinen Betriebsverhältnissen zu 
den F. zu rechnen ist, oder nur deshalb, weil er, 
wenngleich er nach seinen Betriebsverhältnissen 
zu diesen nicht zu rechnen sein würde, durch 
GewO. 8 154 Abh hinsichtlich der Bestim- 
mungen des Tit. Abschn. IV den F. gleich- 
gestellt ist. Betriebe, auf die diese Vorschriften 
durch Anordnung der Behörden angewendet 
sind, sind solange als F. zu behandeln, bis sich 
die Unrichtigkeit der früheren Anordnung 
zweifellos ergibt (AusfAnw. z. GewO. vom 
1. Mai 1904 — HMIl. 123 — Ziff. 109 und 
Erl. vom 20. Okt. 1904 — HA#l. 1905, 15). 
Im Sinne des Krankenversicherungs- 
gesetzes sind als F. alle Betriebe anzusehen, 
die nach der GewO. F. sind (Erl. vom 22. Okt. 
1002 — 5 Ml. 380) Auf dem Gehiete der 
nfallversicherung ist der Begriff der F. 
ter gezogen. Hier gehören dazu alle An- 
—. 
e 
len: 1. welche nicht bloß vorübergehend mit 
à 
toren, die durch elementare oder tierische 
araft bewegt werden oder mit Dampftesseln 
rbeiten, ohne Rüchsicht auf den Umfang der 
  
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Produktion, mit Ausnahme der land= und 
forstwirtschaftlichen Mebenbetriebe; 2. in denen 
gewerbsmäßig explodierende Stoffe (s. Spreng- 
stoffe) bereitet werden; 3. in denen ohne Verwen- 
dung von Dampfkesseln oder Motoren Gegen- 
stände in einem über den rein handwerksmäßi- 
gen Betrieb hinausgehenden Umfange gewerbs- 
mäßig be= oder verarbeitet werden; 4. die sich 
außerdem sprachlich oder begrifflich als F. 
darstellen nach näherer Bestimmung des RVl. 
(GUVG. 8 2). Uber den Begriff „Beschäfti- 
gung in F.“ s. Jugendliche Arbei- 
ter II. Die Beschäftigung von Kindern ist 
in F. verboten, die Beschäftigung von jugend- 
lichen Arbeitern und von Arbeiterinnen (s. d.) 
unterliegt erheblichen Beschränkungen. Die in 
F. gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Per- 
sonen unterliegen in der Regel der Kranken-, 
Unfall= und Invalidenversicherung (s. d.). An 
Sonn= und Festtagen ist eine Beschäftigung 
von Arbeitern in der Regel verboten (s. Sonn- 
tagsruhe im Gewerbebetriebe). Wegen 
der Beaufsichtigung der F. s. Gewerbeauf- 
sicht. 
Fabrikanten sind Unternehmer von Fa- 
briken (s. d.). Kraftstellenvermieter, das 
sind Personen, die die motorische Kraft ver- 
mieten, sind keine F. (Röt. 29, 201). F. 
sind nicht verpflichtet, einer Zwangsinnung 
beizutreten (s. Zwangsinnungen IV). Gegen- 
über freien Innungen (s. d.) können sie, wenn 
sie die Aufnahmebedingungen erfüllen, die Auf- 
nahme als Mitglied verlangen (Gew . 8 87). 
Von den Handwerkskammern (s. d.) können 
sie als Mitglieder zugewählt werden (Gew. 
§ 1034). Der F. muß für jeden minderjährigen 
Arbeiter ein Lohnzahlungsbuch (s. d.) einrichten, 
und wenn er in der Regel mehr als 20 Ar- 
beiter beschäftigt, eine Arbeitsordnung ((. d.) 
erlassen. Ihm obliegt die Verpflichtung, für 
Aufrechterhaltung der gewerbepolizeilichen Vor- 
schriften Sorge zu tragen und seine Unter- 
gebenen in dieser Richtung zu beaufsichtigen 
(Rst. 9, 102). Der F. macht sich schon straf- 
bar, wenn er die unzulässige Beschäftigung 
von jugendlichen Arbeitern (s. d.) oder von 
Arbeiterinnen (s. d.) auch nur fahrlässig zuläßt. 
Dabei ist es gleichgültig, ob er selbst mit den 
Arbeitern in ein Vertragsverhältnis tritt, oder 
ob ein Arbeiter der Fabrik dieselben zu seiner 
Hilfe bei den von ihm in der Fabrik und für 
die Fabrik zu leistenden und ihm zu lohnen- 
den Arbeiten annimmt (Rt. 9, 304); s. auch 
Stellvertreter, Betriebsleiter. Für das 
Verhältnis zwischen dem F. und seinen Arbei- 
tern sind die Vorschriften der GewO. 8§ 121 
bis 125, und soweit es sich um Lehrlinge han- 
delt, die Vorschriften der §8§ 126—128 a. a. O. 
maßgebend (GewO. 8 134); s. Arbeitsver- 
trag, Lehrvertrag. F. sind zur Errichtung 
von Betriebskrankenkassen (s. d.) berechtigt, 
sie sind für die im Betriebe vorkommenden 
Unfälle haftpflichtig (s. Haftpflicht). 
Fabrikarbeiter sind die in Fabriken (s. d.) 
beschäftigten Gesellen, Gehilfen und Lehrlinge 
RöSt. 7, 105; 8, 124; 21, 152), Betriebs- 
beamte (s. d.), sofern sie nicht gegen feste Be- 
züge angestellt sind, sowie alle Personen, welche 
für die Hweche des Fabrikbetriebes als Heizer,
	        
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