Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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setz bezeichnete Arbeiten und Anlagen im Hoch- 
wassergebiet der Genechmigung des Landrates 
(der Ortspolizeibehörde), andere seiner Verbots- 
befugnis und gewisse positive Handlungen 
seinem Anordnungsrechte unterliegen. Es 
handelt sich hierbei durchweg um Maßnahmen, 
die nicht unter allen Umständen für die Hoch- 
wasserabführung von Bedeutung sind, sondern 
deren Wirkung nach lokalen Verhältnissen zu 
beurteilen ist (Vertiefungen und sonstige Ver- 
änderungen der Erdoberfläche usw.), so daß es 
nicht angemessen schien, sie unmittelbar im 
Gesetze einer allgemeinen Genehmigungs- 
verpflichtung zu unterwerfen und damit in 
die Freiheit des Grundeigentums mehr als 
notwendig einzugreifen. Nach § 12 treten die 
auf die Aufstellung der Verzeichnisse (§ 2) be- 
züglichen Bestimmungen und die Vorschriften 
des § 9 sofort in Kraft. Im übrigen erlangt 
das Gesetz für jedes Uberschwemmungsgebiet 
mit dem Beginn des elften Tages nach der 
Ausgabe des Amtsblattes, in dem die Fest- 
stellung des Verzeichnisses bekanntgemacht ist, 
Geltung. Bis zu diesem Zeitpunkte gelten 
die bisherigen Vorschriften, sedoch mit der 
Mßgabe, daß § 1 des Deichgesetzes vom 
28. Jan. 1848 auch auf die Errichtung von 
Gebäuden Anwendung findet. Diese wichtige 
Bestimmung hat also gleich mit dem Inkraft- 
treten des Gesetzes Geltung erlangt (Ausf##ff. 
der M„L. und M’döA. zu dem G. vom 30. Jan. 
1906 — L Ml. 65). 
Freihaltung der öffentlichen Wege. Die 
F. d. öffentlichen Wege von Verkehrs- 
hindernissen ist ein Teil der Wegebaulast 
(Wegeordnung für Sachsen vom 11. Juli 1891 
— GS. 316 — § 4; Wegeordnung für West- 
preußen vom 27. Sept. 1905 — GS. 357— 99 10). 
Welcher Art das Hindernis ist, ob es durch 
Naturereignis oder mit oder ohne menschliches 
Zutun, ob infolge mangelhafter Unterhaltung 
uUsw. verursacht ist, Kommt nicht in Betracht 
(OV. 3, 353; 24, 200). Die Beseitigung des 
Schnees gehört hierher, wenn es sich um ver- 
kehrserschwerende oder --hindernde Anhäu- 
fungen handelt (OV. 11, 229; 23, 380), nicht 
dagegen die gewöhnliche Schneeräumung in 
Städten und ländlichen Ortschaften, da sie 
einen Teil der polizeimäßigen Straßenreinigung 
bildet (O. 23, 381). Nach den Provinzial- 
gesetzen ist mehrfach die Mitwirkung Dritter 
bei der Beseitigung von vertkehrshindernden 
Schneemassen vorgeschrieben, so durch § 28 des 
schlesw.-holst. Wegepolizeigesetzes vom 15. Juni 
1885 (GS. 289), in Kurhessen durch Tit. 1 § 1 
des G. vom 31. Okt. 1833 çebgedruckt bei 
Germershausen, Wegerecht, 2. Aufl., Bd. 2 
S. 423), in den hohenzoll. Landen nach § 4 
Abs. 3 des G. vom 5. JFan. 1878 (GS. 5), in 
der Prov. Hannover nach § 25 des G. vom 
20. Juni 1851 (Hann GS. Abt. I, 141). In 
Sachsen und Westpreußen schließlich sind, wenn 
es sich um so erhebliche Schneefälle handelt, 
daß die Beseitigung oder Verhütung der 
Verkehrsstörung durch Lohnarbeiter nicht be- 
schafft werden kann, die Einwohner der Ort- 
schaft, imnerhalb deren Bezirke das Verkehrs- 
hindernis eingetreten ist oder einzutreten droht, 
sowie der benachbarten Ortschaften zur Leistung 
  
Freihaltung der öffentlichen Wege — Freiheit. 
von Naturaldiensten gegen Vergütung nach 
ortsüblichen Sätzen seitens des Wegebau- 
pflichtigen verpflichtet (6 41 bzw. §8 38 der 
Wegeordnungen für Sachsen und für West- 
preußen; vgl. auch OV. 19, 276). Die Be- 
seitigung kann je nach Lage des Falles durch- 
7* werden, entweder durch Anordnung der 
egepolizeibehörde gegenüber dem Wegebau- 
pflichtigen gemäß § 56 ZG. (O#. 3, 353) 
oder durch polizeiliche Auflage gegenüber dem 
verursachenden Dritten gemäß § 127 L. 
(OVS. 9 S. 206, 207, 211) oder, wenn der 
Dritte behauptet, berechtigt zu sein, das Ver- 
kehrshindernis auf dem Wege zu haben, im 
Wege der Inanspruchnahme für den öffent- 
lichen Verkehr (Pr WBl. 11, 324). Vgl. auch 
Germershausen a. a. O. 1, 31. S. Chauf- 
seen II, Aachbarhilfe, Reinigung der 
Wege, Wegebaulast I. 
Freihandel. Die Anhänger des F. betrach- 
ten im Anschluß an die Lehren des englischen 
6ationalökonomen Adam Smith (1723—1790) 
alle künstlichen Beschränkungen von Handel 
und Gewerbe, insbesondere die Schutzzölle 
(L d.) als ein Hindernis für den allgemeinen 
Wohlstand, indem sie davon ausgehen, daß 
nur der völlig freie Wettbewerb die zweck- 
mäßigste Verteilung der Arbeit und damit die 
ergiebigste Ausnutzung der Arbeitskräfte er- 
mögliche. Praktische Anwendung findet die 
Freihandelslehre zurzeit nur in England, doch 
macht sich auch dort eine lebhafte Bewegung 
zur Einführung von Schutzzöllen bemerbbar. 
Die bestehenden engl. Zölle (z. B. auf Bier, 
Kaffee, Kakao, Spiritus, Tee, Tabak, Wein, 
Zucker) haben in der Hauptsache die Eigen- 
schaft von Finanzzöllen (s. d.). 
Freiheit. I. Im Pechtsleben ist die F. in 
mehrfacher Beziehung von Bedeutung. Als 
allgemeine Willensfreiheit, d. h. als die Fähig- 
keit des Menschen, zu wollen und zu handeln, 
nicht weil er es muß, sondern aus eigenem 
Willen (Determinismus und Indeterminismus), 
bildet sie die Voraussetzung der strafrechtlichen 
Zurechnung und in entsprechender Weise die der 
ivilrechtlichen Verantwortung für unerlaubte 
Handlun en (Pflicht zum Schadensersatze). Die 
F. der Willensbestimmung im einzelnen Falle 
kommt insofern in Betracht, als ihr Mangel 
infolge von Zwang oder Drohung, Kranhheit 
uUsw. einer Willenserklärung ihre Wirksamkeit 
nimmt (BeE. 8§ 104 Ziff. 2, 105, 123, 1325) 
und die Pflicht zum Schadensersatze (BE. 
§ 827) sowie die Bestrafung (s. Zurechnungs- 
fähigkeit) ausschließt, ferner bei dem Not- 
stande und der Notwehr (s. d.). Die perfön- 
liche F. des einzelnen ist verfassungemähig 
gewährleistet in der Art, daß ihre Beschrän- 
kung nur unter den durch Gesetz bestimmten 
Bedingungen und Formen zulässig ist (s. Frei- 
heit, persönliche). Die Entziehung der F. 
ist als Freiheitsstrafe (s. Strafen 10 das 
wichtigste Strafmittel. Wer vorsätzlich oder 
fahrlässig die F. eines anderen widerrechtlich 
verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des 
daraus entstandenen Schadens, und wenn 
dieser kein Vermögensschaden ist, zu einer 
billigen Entschädigung in Geld verpflichtet 
(BS#. 88 823 Abs. 1, 847). Wegen unschuldig.
	        
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