Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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A. hat die Wahlen der Gemeindeverordneten 
zu leiten, kann sich aber durch den Gemeinde- 
vorsteher vertreten lassen (6 28). Er ernennt 
diesenigen Unterbeamten und Diener der 
Gemeinde, die nur zu mechanischen Dienst- 
leistungen bestimmt sind, nach Anhörung der 
Gemeindeversammlung über ihre Würdigkeit 
(6 43). Gemeinschaftlich mit dem Gemeinde- 
vorsteher entwirft er den Haushaltetat der 
Gemeinde (8 46) und revidiert er die Jahres- 
rechnung (§ 48). Urkunden, durch welche die 
Gemeinde verpflichtet werden soll, und Prozeß- 
vollmachten müssen vom A. und dem Gemeinde- 
vorsteher oder, wenn der A. selbst Gemeinde- 
vorsteher ist, an Stelle des letzteren von dem 
Stellvertreter vollzogen werden (§ 65). Bei 
der Verwaltung der Gemeindeeinkünfte durch 
den Gemeindevorsteher, Anweisung der Ein- 
nahmen und Ausgaben sowie bei Überwachung 
des Rechnungs= und Kassenwesens hat der A. 
mitzuwirken (LGO. 8 49; KrO. § 29). Er ist 
in betreff der allgemeinen Aufsicht über die 
Verwaltung der Angelegenheiten der Land- 
gemeinden und Gutsbezirke das Organ des 
andrats als Vorsitzendem des Kreisausschusses 
(Kr O. § 29). — Der A. hat die Ortspolizei zu 
verwalten, soweit sie nicht gesetzlich anderen 
Behörden übertragen ist. Der Gemeindevor- 
teher ist hierbei sein Organ (Kr O. 8§ 29; LG. 
§ 41, 74). S. im übrigen Amtswohnung. 
Amtsabzeichen im weiteren Sinne ist alles, 
was einen Beamten als solchen nach außen hin 
kenntlich zu machen geeignet ist, also insbeson- 
dere die Uniform (s. d.). Im engeren Sinne 
werden darunter Erkennungszeichen verstanden, 
welche den nichtuniformierten Beamten behufs 
Anlegung bei Ausübung ihres Amtes in Form 
von Mützen, Adlern, Armbinden usw. verliehen 
sind. So den Amtsvorstehern, den Amtmännern 
in Westfalen und den Bürgermeistern in der 
Rheinprovinz ein Adler aus Silber oder sil- 
berähnlichem Metall, welcher auf der linken 
Brustseite des Rockes oder an der RKopfbe- 
dechung anzuheften oder auf einer Uniform- 
mütze aus dunkelblauem Tuche mit dunkel- 
blauem Sammetstreifen über der Kokarde zu 
tragen ist (AE. vom 25. Vov. 1878 — Mll. 
1879, 1 — und 17. Okt. 1887); den Amtsdienern 
in den ländlichen Amtsbezirken ein auf der 
Brust zu tragendes Metallschild mit dem preußi- 
schen Adler und der Umschrift „Amtsdiener des 
Amtsbezirks M. A.“ (Erl. vom 20. März 1874 
— M Bl. 99). Doch ist den Amtsdienern auch 
die Anlegung der in der nichtveröffentlichten 
A#ab O. vom 30. Mai 1874 bestimmten Dienst- 
kkleidung — blauer Uberrock mit blauem Kragen 
usw. —, sowie Seitengewehr, und mit Geneh- 
migung der Regierungspräsidenten an Stelle 
jener auch die für die städtischen Polizeibe- 
amten vorgeschriebene Uniform gestattet (Kab O. 
vom 7. Febr. 1894; Erl. vom 27. Febr. 1894 — 
AMl. 42). S. auch Bewaffnung und Uni- 
formierung. Bei den ländlichen Ortsvor- 
stehern in den östlichen Provinzen sind Schulzen- 
adler und Armbinde üblich (s. MBI. 1855, 136; 
1856 S. 6, 36, 232). Als Erkennungszeichen der 
nicht uniformierten Polizeibeamten dient eine 
metallene Medaille (Erl. vom 18. Alärz 1899, 
Md J. II 2650). " 
  
Amtsabzeichen — Amtsanwalt. 
Amtsanwalt. I. Das Amt der Staats- 
anwaltschaft, die bei jedem Gerichte be- 
stehen soll (GV. § 142) ls. Staatsanwalt- 
schaft II, wird bei den Amtsgerichten und den 
Schöffengerichten durch einen oder mehrere A. 
ausgeübt (8 143 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2). Für die 
A. ist eine ausführliche Geschäftsanweisung vom 
28. Aug. 1879 (JMll. 260) erlassen worden, die 
inzwischen mehrfache Abänderungen und Ergän- 
zungen erfahren hat. Die A. hönnen ihr Amt 
nur bei den Amtsgerichten und den Schöffen- 
gerichten, jedoch einschließlich derjenigen Amts- 
gerichte, welche Rheinschiffahrtsgerichte oder Elb- 
ollgerichte erster Instanz sind, versehen (G V. 
146 Abs.2; Forstdiebstahlsgesetz vom 15. April 
1878 — GS. 222 — § 19 Abs. 1; G. betr. die 
Mbeinschiffahrtsgerichte vom 8. MAlärz 1879 
— GS. 129 — 88§8 1, 5; G. betr. die Elbzoll- 
erichte vom 9. MAärz 1879 — GS. 132 — 
8 1; G. vom 26. Juli 1897 — GS. 387). Auch 
innerhalb dieser Begrenzung erstreckt sich die 
Zuständigkeit der A. nicht auf das amts- 
richterliche Verfahren zur Vorbereitung der 
öffentlichen Klage in denjenigen Strassachen, 
welche zur Zuständigkeit anderer Gerichte als 
der Schöffengerichte gehören (§ 143 Abs. 2), 
ferner nicht auf die Strafvollstrechung Et. 
§ 483 Abs. 2) und das amtsrichterliche Ver- 
fahren in Entmündigungs= und Ehesachen 
(Art. 1, 14—17 der Geschäftsanweisung). Außer- 
dem ist vielfach durch besondere Anordnungen 
des JM. ein Teil der Amtsanwaltsgeschäfte 
den Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten 
zugewiesen worden; an einigen Orten werden 
sogar sämtliche Geschäfte des A. von der 
Staatsanwaltschaft bei dem Landgerichte wahr- 
genommen. 
II. Die A. werden auf Widerruf ernannt 
(AG. z. GEVG. vom 24. April 1878 — GÖ 
230 — § 62). Ihre Geschäfte önnen vom 
IJM. einem Staatsanwalt, einem Gerichts- 
assessor, sofern derselbe nicht gleichzeitig mit 
richterlichen Geschäften in Strafsachen betraut 
wird, oder einem Referendar übertragen wer- 
den. Insoweit diese Befugnis nicht zur An- 
wendung kommt, erfolgt die Ernennung des 
A. durch den Oberstaatsanwalt nach Anhörung 
des Regierungspräsidenten (8 63 das.). Vor- 
steher der Gemeindeverwaltung, darunter auch 
die Landbürgermeister in der Rheinprovinz, 
am Sitze des Amtsgerichts sind verpflichtet, 
die Geschäfte eines A. zu übernehmen, sofern 
nicht die örtliche Polizeiverwaltung kRgl. Be- 
hörden übertragen ist. Wird von der Ce“ 
meindebehörde eine andere geeignete Person 
in Vorschlag gebracht, welche zur Übernahme 
dieser Geschäfte bereit ist, so fällt die Ver- 
pflichtung des Vorstehers der Gemeindeverwal- 
tung fort. Aeben dem Vorsteher der Ge- 
meindeverwaltung ist auf Antrag der G- 
meindebehörde eine von dieser vorgeschlagene 
geeignete Person zum Stellvertreter des 
Amtsanwalts zu bestellen. Uber die Ver- 
teilung der Geschäfte entscheidet in diesem 
Falle der Vorsteher der Gemeindeverwaltung 
(6 64). Die so ernannten A. erhalten für ihre 
persönliche Mühewaltung und zur Dechung 
der sächlichen Kosten eine als Pauschquantum 
festgesetzte Entschädigung (§ 65 Satz 2). In 
 
	        
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