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Erlaß des G. vom 28. Aug. 1876, betr. die
G. der Behörden, Beamten und politischen
Körperschaften des Staates (GS. 389), in
welchem unter Aufhebung aller entgegen-
stehenden Bestimmungen festgesetzt wurde, daß
die deutsche Sprache die ausschließliche G. aller
Behörden, Beamten und politischen
Körperschaften des Staates sein solle und
der schriftliche Verkehr mit denselben in deut-
scher Sprache stattzufinden habe (§ 1). Ein-
gaben an Behörden — aber nicht deren An-
lagen, soweit solche nicht in Gestalt von Er-
klärungen oder Begründungen als Teile der
Eingaben selbst anzusehen sind (OV. vom
1. Febr. 1848 — Pr Bl. 20, 70) — müssen da-
nach in deutscher Sprache abgefaßt sein. Nur
in dringenden Fällen kRönnen schriftliche, von
Privatpersonen ausgehende Eingaben, welche
in einer anderen Sprache abgefaßt sind, be-
rücksichtigt werden. Im Falle der Aichtberück-
sichtigung sind sie mit dem Anheimstellen zu-
rüchzugeben, sie in deutscher Sprache wieder
einzureichen (§ 2). Die im § 3 vorgesehene
Übergangsfrist ist abgelaufen, so daß die Vor-
schriften der §§ 1 und 2 des G. in vollem Um-
fange Geltung haben. Auf kirchliche Behörden
und Vertretungen findet das Gesetz keine An-
wendung, dagegen auf alle Kommunalen Be-
hörden und Vertretungen bzw. Versammlungen,
sowie die Schulvorstände und die Versamm-
lungen der Schulsozietäten und Schulverbände
(s. auch Politische Körperschaften).
Auf das Gebiet des Vereins= und Versamm-
lungsrechtes können die Vorschriften des Ge-
setzes nicht übertragen werden (O###. vom
26. Sept. 1876 und 5. Okt. 1897 — OW. 1,
347 und 32, 396); wegen des zulässigen Verbots
polnischer Straßenschilder s. OVG. 21, 421. Un-
berührt bleiben die Vorschriften, nach denen
den der deutschen Sprache nicht kundigen
Soldaten die Kriegsartikel in ihrer Mutter-
sprache vorzulesen sind (§ 11 Ziff. 1 des G.).
In betreff der G. vor dem Patentamte finden
die Bestimmungen des GV. 88§ 186—193 ent-
sprechende Anwendung. Eingaben, die nicht
in deutscher Sprache abgefaßt sind, werden
nicht berückhsichtigt (Patentgesetz vom 7. April
1891 — RGBl. 79 — § 36). Hinsichtlich der G.
der Gewerbegerichte und der Kaufmannsgerichte
elten gleichfalls die Vorschriften des G.
9s 186—193 (Gewe. 8 38 Abs. 3; Zfm G.
§ 16 — GS. von 1890, 141 und von 1904,
266). S. auch Dolmetscher.
Geschäftsverteilung. Während es sich bei
der Zuständigkeit, namentlich auch noch bei
der nach Geschäften (f. Zuständigkeit), um
die Verteilung der Geschäfte unter mehreren
Behörden handelt, hat man es bei der G. mit
der Verteilung der Geschäfte einer Behörde
unter deren mehrere Mitglieder zu tun. Sie
steht begrifflich dem Leiter der Behörde zu.
Um Willkür möglichst fern zu halten, ist sie je-
doch bei den ordentlichen Gerichten mit be-
sonderen Garantien ausgestattet, namentlich
eigenen, bei ihnen gebildeten Verwaltungs=
körpern übertragen (s. Amtsgerichte, Land-
gerichte, Oberlandesgerichte, Reichs-
gericht). Diese Einrichtung t# dann anderweit
nachgebildet worden, so beim Oberverwaltungs-
Geschäftsverteilung — Geschlossene Gesellschaften.
erichte (s. d.), während es für die BezA., die
ergausschüsse und die Kr A. (St A.) dabei ver-
blieben ist, daß der Vorsitzende die Geschäfte
unter die Mitglieder des Kollegiums verteilt
(Regul. vom 28. Febr. 1884 — UMl. 37, 41 —
*% und vom 8. Dez. 1905 — PMl. 333
— 8 6).
Geschenke für Amtshandlungen s. Amts-
vergehen und -verbrechen, auch Beloh-
nungen.
Geschlossene Bauweise s. Bauweise.
Geschlossene Gesellschaften. Vom Gesichts-
punkte des Vereinsrechts aus wird unter einer
g. G. ein nach außen hin abgeschlossener Kreis
von Personen verstanden, die miteinander in
einer auf wechselseitigen persönlichen Beziehun-
gen (OVG. 29, 435; 35, 440) oder auf der
Gemeinsamkeit des sachlichen Zwechs (KO#Ü.
20 C 113) beruhenden Verbindung stehen.
Die g. G. wird dadurch nicht zu einer
öffentlichen, daß zu ihren Veranstaltungen
„Gäste“ zugelassen werden. Als Gäste sind
aber nur solche Personen anzusehen, die auf
Grund persönlicher oder sachlicher Beziehun-
gen von der Gesellschaft oder ihren ein-
zelnen Elitgliedern eingeladen oder eingeführt
sind. Die Einladung Rann an bestimmte Per-
sonen oder an ganze, individuell begrenzte
Personengruppen, insbesondere an andere g.
G., ergangen sein. Jede Veranstaltung einer
g. G. wird zu einer öffentlichen, sobald zu ihr
ohne weiteres jede Person, sei es auch gegen
Zahlung eines Eintrittsgeldes, zugelassen wird.
Daber ist ein Berein, dessen Mitglied jeder
ohne weiteres gegen Zahlung eines Eintritts-
geldes werden kann, -eine g. G. (OV#. 29,
437). Eine g. G. kann auch zum Zwecke einer
einzelnen bestimmten Veranstaltung zusammen-
treten (KGJ. 17, 328), auch nur zu dem Zwecke,
Lustbarkeiten zu veranstalten (OVe. 35, 439).
Auf solche -- G., die keine Einwirkung auf
öffentliche Angelegenheiten bezwecken, finden
weder die Vereine dieser Art betreffenden Vor-
schriften des Vereinsrechts (s. Vereine), noch
die polizeilichen Vorschriften über die Ordnung
und Gesetzlichkeit bei dem Zusammensein einer
größeren Anzahl von Personen Anwendung,
noch können sie besonderen Beschränkungen
durch Polizeiverordnungen unterworfen werden
(O. 35, 442). Insbesondere unterliegt eine
g. G. weder den für öffentliche Lustbarkeiten
bestehenden Vorschriften (vgl. Erl. vom 15. Nov.
1896 — UMll. 239; OV. 35 S. 439, 442),
noch kann für sie eine Polizeistunde (s. d.)
festgesetzt werden (OBV. vom 20. Okt. 1902
—- FtVBL 24, 152), noch findet die für die
Gastwirtschaften festgesetzte Polizeistunde auf
sie Anwendung, wenn sie sich in Räumen
eines Gasthauses versammelt, die für ihre
ausschließliche Benutzung von ihr gemietet
worden sind (OVG. 22, 416; Erl. vom 13. Mai
1892 — MVBlI. 228). Unter derselben Voraus-
setzung unterliegen g. G. auch nicht den Vor—
schriften über die Sonntagsruhe (OVG. 22, 410;
35, 439), und die in einer g. G. aufgeführten
Theaterstücke nicht der sog. Theaterzensur (s.
Theaterpolizei und Theaterzensur
und OVG. 28, 429). Die Polizei ist aber be-
fugt, zur Feststellung, ob eine g. G. durch ihre