Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Geschwister — Gesellenausschuß. 
Veranstaltung die für öffentliche Lustbarkeiten 
bestehenden Vorschriften zu umgehen sucht, das 
Verzeichnis ihrer Mitglieder und ihr Statut 
einzufordern (OVG. 11, 389). Zum Betriebe 
der Gast- und Schankwirtschaft und des Klein— 
handels mit Branntwein oder Spiritus be— 
dürfen g. G. auch dann der Erlaubnis, wenn 
der Betrieb auf den Verein der Mitglieder 
beschränkt ist (Erl. vom 27. Dez. 1896 — MBl. 
1897, 12; OVG. 42, 383). Eine Polizeistunde 
kann ihnen jedoch auch in diesem Falle nicht 
gesetzt werden (OVG. 42, 279). 
Geschwister. Sie sind einander nach Ein— 
führung des BE. nicht mehr unterhalts- 
pflichtig ((s. Unterhaltungspflicht). Voll- 
und halbbürtige G. und deren Abkömmlinge 
versteuern Erbschaften und Schenkhungen nur 
mit 2% (Erb StG. Tarif Ziff. 7 Buchst. Bb). 
Geschworene s. Schwurgerichte. 
Gesellen. Unter G. werden alle diejenigen 
Hilfspersonen verstanden, welche technisch vor- 
gebildet sind, eine Lehrzeit zurüchgelegt haben 
und mit technischen Arbeiten des Handwerks 
beschäftigt werden. In einzelnen Handwerken, 
z. B. Uhrmacher, Barbiere, und in den nicht 
handwerksmäßigen Betrieben werden die G. 
in der Regel Gehilfen genannt. Die Ablegung 
der eletlenprüfung (s. d.) ist für die Führung 
der Bezeichnung „Geselle“ keine Voraussetzung 
(Erl. vom 3. Sept. 1902 — HMl. 347). G. 
und Gehilfen sind gewerbliche Arbeiter (s. Ar- 
beiter#h. Die bei Innungsmeistern beschäftig- 
ten G. nehmen durch den Gesellenausschuß (s. d.) 
an der Verwaltung der Innung und, soweit die 
Innungsmeister Handwerker (s. d.) sind, an der 
Verwaltung der Handwerkskammer teil. Auch 
sind G. bei Abnahme der Gesellenprüfungen 
(s. d.) in der gleichen Zahl wie die Arbeitgeber 
zu beteiligen. 
Gesellenausschuß. — Die Bezeichnung Ge- 
hilfenausschuß ist nach Erl. vom 5. Mai- 
1902 (HOMhl. 207) zulässig. I. G. der In- 
nungen (GewO. 8§§ 95—95c, 100 c). Die bei 
den Innungsmitgliedern beschäftigten Gesellen 
(Gehilfen) Is. d.) nehmen an der Erfüllung 
der Aufgaben der Innung (s. d.) und an 
ihrer Verwaltung teil, soweit dies durch Gesetz 
oder Statut bestimmt ist. Sie wählen zu 
diesem Zweche den G. Der G. ist bei der 
Regelung des Lehrlingswesens und bei der 
Gesellenprüfung (s. d.), sowie bei der Begrün- 
dung und Verwaltung aller Einrichtungen zu 
beteiligen, für welche die Gesellen (Gehilfen) 
Beiträge entrichten oder eine besondere Mühe- 
waltung übernehmen, oder welche zu ihrer 
Unterstültzung besitmmt sind. Die nähere Rege- 
lung dieser Beteiligung erfolgt durch das In- 
nungsstatut (s. d.) mit der Maßgabe, daß: 1. bei 
der Beratung und Beschlußfassung des Innungs- 
vorstandes mindestens ein Mitglied des G. mit 
vollem Stimmrechte zuzulassen ist; 2. bei der 
Beratung und Beschlußfassung der Innungs- 
versammlung seine sämtlichen Mitglieder mit 
vollem Stimmrechte zuzulassen sind; 3. bei der 
Verwaltung von Einrichtungen, für welche die 
Gesellen (Gehilfen) Aufwendungen zu machen 
haben, abgesehen von der Person des Vorsitzen- 
den, Gesellen, welche vom G. gewählt werden, 
in gleicher Zahl zu beteiligen sind wie die 
  
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Innungsmitglieder. Die Ausführung von 
Beschlüssen der Innungsversammlung in den 
vorbezeichneten Aygelegenbeiten darf nur mit 
Zustimmung des G. erfolgen. Wird die Zu- 
stimmung versagt, so kann sie durch die Auf- 
sichtsbehörde der Innung ergänzt werden. Zur 
Teilnahme an der Wahl des G. sind die bei 
einem Innungemitgliede beschäftigten voll- 
jährigen Gesellen (Gehilfen) berechtigt, welche 
sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte 
befinden. Wählbar ist jeder wahlberechtigte 
Geselle, welcher zum Amt eines Schöffen fähig 
ist (GVG. 8§§ 31, 32). Die Wahl zum G. 
leitet ein Mitglied des Innungsvorstands, 
wenn ein solcher nicht vorhanden ist, ein Ver- 
treter der Aufsichtsbehörde. Für die Mitglieder 
des G. sind Ersatzmänner zu wählen. Mit- 
glieder des G. behalten, auch wenn sie nicht 
mehr bei Innungsmitgliedern beschäftigt sind, 
solange sie im Bezirke der Innung verblei- 
ben, die Mitgliedschaft noch während dreier 
Monate seit dem Austritt aus der Beschäfti- 
gung bei Innungsmitgliedern. Die Kosten des 
G. trägt die Innung (GewO. 8 81 Absf. 1). 
II. G. der Handwerkskammer (88 103 i, 
103 k). Bei seder Handwerkskammer wird ein 
G. gebildet. Die Zahl seiner Mitglieder und 
ihre Verteilung auf die einzelnen G. des Be- 
zirks wird durch das Statut der Handwerks- 
kammer bestimmt. Für die Mitglieder sind 
Ersatzmänner zu wählen. Die Mitglieder und 
Stellvertreter werden unter Leitung der Auf- 
sichtsbehörde mittels schriftlicher Abstimmung 
von den G. der Zwangsinnungen und der 
freien Handwerkerinnungen (s. Handwerks- 
kammerll im Bezirke der Handwerkskammer 
auf sechs Jahre gewählt; alle drei Jahre schei- 
det die Hälfte der Gewählten aus. Jedem G. 
steht eine Wahlstimme zu; das Wahlrecht übt 
der Vorsitzende des G. aus. Wählbar ist jeder 
bei dem Mitglied einer Handwerkerinnung 
beschäftigte Geselle, der zum Amte eines Schäöf- 
fen fähig ist. Der G. hat nach Vorschrift der 
von dem Hl. erlassenen Wahlordnungen einige 
Vertreter der Gesellen zu wählen, die bei Hand- 
werkern, welche Mitglieder der wahlberech- 
tigten Gewerbevereine und sonstiger Hand- 
werkervereinigungen (s. d.) sind, in Beschäfti- 
ung stehen. Die Wahlen erfolgen durch 
timmzettel unter Leitung des Vorsitzenden 
des G. Den Mitgliedern bleibt, auch wenn 
sie bei einem Handwerker nicht mehr in Ar- 
beit stehen, noch während dreier Monate nach 
dem Austritt aus der Beschäftigung die Mit- 
gliedschaft erhalten (GewO. § 103 i Abs. 2). 
Der G. muß mitwirken: 1. beim Erlasse von 
Vorschriften, welche die Regelung des Lehr- 
lingswesens zum Gegenstande haben (s. Hand- 
werkskammer); 2. bei Abgabe von Gut- 
achten und Erstattung von Berichten über 
Angelegenheiten, welche die Verhältnisse der 
Gesellen (Gehilfen) und Lehrlinge berühren — 
der G. kann ein besonderes Gutachten ab- 
geben; 3. bei der Entscheidung über Bean- 
standungen von Beschlüssen der Prüfungs- 
ausschüsse für die Gesellenprüfung (s. d.). Hin- 
sichtlich der Form, in der der G. bei der Be- 
ratung und Beschlußfassung des Vorstandes 
und der Vollversammlung zu beteiligen ist,
	        
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