Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

Gesellschaften mit beschr. Haftung — Gesellschaften mit beschr. Haftung (Besteuerung). 699 
die nur für solche unter die GewO. fallenden 
Betriebe (s. Gewerbe) praktische Bedeutung 
hat, die nicht zum Handwerke gehören, sind 
esetzlich anerkannte Rechte nicht verbunden. 
herchen von handwerksmäßig in Fabriken 
ausgebildeten Lehrlingen kann durch die Prü- 
fungsausschüsse der Handwerhskammern er- 
folgen (Erl. vom 14. Juli 1905 — OM.l. 230). 
Gesellschaften mit beschränkter Haftung. 
Die G.m. b. H. sind durch das G. vom 20. April 
1892 (Röl. 477) — jetzt in der durch RKBek. 
vom 10. Mai 1898 (Rnl. 367) bekhanntge- 
machten Fassung — als eine neue Gesellschafts- 
fokepm eingeführt; sie nehmen eine Mittelstellung 
zwischen der streng individualistischen Gesell- 
schaftsform, bei der natürliche Personen Träger 
der Gesellschaftsrechte und Verbindlichkeiten 
sind, z. B. offene Handelsgesellschaft, und der 
als äußerste Konsequenz des kapitalistischen 
Prinzips sich darstellenden Aktiengesellschaft 
(s. d.) ein. Von der offenen Handelsgesellschaft 
unterscheidet sich die G. m. b. H. im wesent- 
lichen dadurch: daß sie zu jedem Zweck er- 
richtet werden kann, während die offene Han- 
delsgesellschaft nur zum Betrieb eines Handels- 
gewerbes errichtet werden kann; daß bei der 
offenen Handelsgesellschaft die Gesellschafter 
mit dem ganzen Vermögen haften, während 
bei der G. m. b. H. nur das Gesellschaftsver- 
mögen haftet, vorbehaltlich der durch den Ge- 
sellschaftsvertrag eingeführten Nachschußpflicht. 
Die G. m. b. H. entsteht mit ihrer Errichtung 
und hat die Rechte einer juristischen Person, 
während die offene Handelsgesellschaft erst mit 
der Eintragung in das Handelsregister ins 
Leben tritt und der Guristischen Persönlichkeit 
entbehrt. Bei der G. m. b. H. sind die Ge- 
schäftsanteile veräußerlich und vererblich, bei 
der offenen Handelsgesellschaft nicht. Die G. 
m. b. H. endigt durch den Tod, Konkurs usw. 
eines Gesellschafters nicht, kann auch nicht 
aufgekündigt werden und wird nicht durch die 
Gesellschafter, sondern durch besondere Organe 
verwaltet. Die G. m. b. H. Kkann aus öffent- 
lichrechtlichen Gründen aufgelöst werden, die 
offene Handelsgesellschaft nicht. Gegenüber 
der Aktiengesellschaft bestehen folgende wesent- 
liche Unterschiede. Bei der G. m. b. H. fällt 
der Geschäftsanteil eines Mitglieds mit seiner 
Gesamtbeteiligung zusammen, während bei der 
Atiengesellschaft jeder Gesellschafter mehrere 
Geschäftsanteile (Aktien) übernehmen kann. 
Die Ubertragung der Geschäftsanteile ist bei 
der G. m. b. H. an erschwerende Bedingungen 
geknüpft (gerichtliche oder notarielle Form), 
sie sind daher dem Börsenverkehr entzogen. 
Die Geschäftsanteile der G. m. b. H. sind mit 
Genehmigung der Gesellschaft teilbar, die 
Aktien sind unteilbar. Die G. m. b. H. kann 
eigene Geschäftsanteile, auf welche die Stamm- 
einlage noch nicht vollständig eingezahlt ist, 
nicht erwerben, sie soll aber eingezahlte nicht 
erwerben, sofern nicht der Erwerb aus dem 
über den Betrag des Stammkapitals hinaus 
vorhandenen Vermögen geschehen kann. Die 
Antiengesellschaft soll Aktien nur im geschäft- 
lichen Verkehre nicht erwerben. Bei den 
m. b. H. haften die Gesellschafter solidarisch 
dafür, daß das im Gesellschaftsvertrag be- 
  
stimmte Stammkapital vollständig zur Ein- 
zahlung gelangt und keine unberechtigten Aus- 
zahlungen an Gesellschafter erfolgen, bei der 
Aktiengesellschaft ist der Gründungshergang 
besonders Geregelt. Für die inneren Verhält- 
nisse der G. m. b. H. können im Gesellschafts- 
vertrage die weitgehendsten Bestimmungen ge- 
troffen werden, bei der Aktiengesellschaft ist 
lediglich das Gesetz maßgebend. Der Auf- 
sichtsrat ist bei der Aktiengesellschaft obliga- 
torisch, bei der G. m. b. H. nicht; der Vorstand 
der G. m. b. H. ist nur beim Vorliegen wich- 
tiger Gründe absetzbar, derjenige der Aktien- 
gesellschaft jederzeit. Die Haftpflicht der Vor- 
standsmitglieder sowie die Aufstellung, Fest- 
stellung und Veröffentlichung der Bilanz sind 
für beide Gesellschaftsformen anders geregelt. 
Bei der G. m. b. H. können auf schriftlichem 
Wege Beschlüsse gefaßt werden, bei der Aktien- 
gesellschaft nur in der Generalversammlung. 
Die Abänderung des Gesellschaftsvertrags be- 
darf bei der G. m. b. H. stets einer Dreiviertel- 
majorität, bei der Aktiengesellschaft kann für 
die Abänderung des Statutes eine geringere 
Majorität vorgeschrieben werden. Bei der G. 
m. b. H. kann das BRechtsverhältnis der Ge- 
sellschafter nicht ausschließlich zum Nachteil 
eines Teils derselben geändert werden. Auch 
die Erhöhung des Athktienkapitals und des 
Gesellschaftsvermögens ist abweichend geregelt. 
Im einzelnen beziehen sich die §S§ 1—12 des 
G. auf die Errichtung der Gesellschaft, die 
8§8§ 13—34 auf die Rechtsverhältnisse der Ge- 
sellschaft und der Gesellschafter, die §§ 35—52 
auf die Vertretung und Geschäftsführung, die 
§§ 53—59 auf die Abänderungen des Gesell= 
schaftsvertrags und die §§ 60—77 auf die Auf- 
lösung und Lichtigkeit der Gesellschaft, wäh- 
rend in den 88 78—84 Schlußbestimmungen 
enthalten sind. Die G. m. b. H. sind Handels- 
gesellschaften (s. d.) und müssen daher zum 
Handelsregister angemeldet werden. 
Gesellschaften mit beschränkter Haftung 
(Besteuerung). I. Da das Reichsgesetz vom 
20. April 1892, auf dem die G. m. b. H. be- 
ruhen, jüngern Datums als das Einkt G. 
ist, unterliegen sie der Staatseinkommen- 
steuer nicht. Die zurzeit noch in der parla- 
mentarischen Beratung befindliche Novelle 
zum Eink StE. und Erg StE#. will sie hin- 
sichtlich der Einkommensteuerpflicht den Aktien- 
gesellschaften gleichstellen mit der Maßgabe, 
daß 1. G. m. b. H., deren Stammhkapital 
100000 Ml. nicht übersteigt, oder deren Gesell- 
schafter ausschließlich nichtphysische in Preußen 
steuerpflichtige Personen sind, steuerfrei bleiben; 
2. an die Stelle des Aktienkapitals die Summe 
der eingezahlten Steuereinlagen tritt. Die 
Kommission des AbgH. hat diese Vor- 
schläge völlig umgestaltet. Steuerfrei sollen 
bleiben G. m. b. H., deren Gesellschafter aus- 
schließlich öffentliche Korporationen in Preußen 
oder deren Einkünfte satzungsgemäß aus- 
schließlich zu gemeinnützigen, wissenschaftlichen 
oder künstlerischen Zwechen zu verwenden 
sind. Als steuerpflichtiges Einkommen soll 
G. der erzielte Geschäftsgewinn ohne Abzug 
von 3½/2% der Stammeinlagen gelten und 
die Steuer der G. m. b. H. nach folgendem
	        
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