Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

802 
28 vom 27. April 1852 und 28. Dez. 
1854). 
Hausrecht. Die Behausung eines jeden 
Bürgers genießt in mehrfachen Beziehungen 
einen besonderen Rechtsschutz. Dieser ist nament- 
lich ein strafrechtlicher. Aach § 123 St4C. 
wird, wer in die Wohnung, wozu auch Flur, 
Vorplätze und die Treppen gehören, in die 
Geschäftsräume oder in das befriedete Besitz- 
tum eines andern oder in abgeschlossene Räume, 
welche zum öffentlichen Dienste bestimmt sind, 
widerrechtlich, d. i. unter Vorsätzlichkeit des 
Eindringens und unter dem Bewußtsein von 
dessen Widerrechtlichkeit, eindringt, oder wer, 
wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf 
die Aufforderung des Berechtigten — eine ein- 
malige Aufforderung genügt (RSt. 5, 110) — 
sich nicht entfernt, wegen Hausfriedensbruchs 
mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit 
Geldstrafe bis zu 300 M. bestraft. Hierunter 
fällt noch nicht, wenn ein Miieter unter Ver- 
letzung seiner zivilrechtlichen Räumungspflicht 
über die Dauer des Mietvertrags hinaus in 
der Mietwohnung verbleibt und sie trotz Auf- 
forderung des Vermieters zum Räumen nicht 
verläßt (Roe#t. 36, 322). Die Verfolgung des 
Hausfriedensbruchs findet nur auf Antrag 
statt. Ist die Handlung von einer mit Waffen 
versehenen Person oder von mehreren Per- 
sonen gemeinschaftlich begangen worden, so 
tritt Gefängnisstrafe von einer Woche bis zu 
einem Jahre ein, auch wird in diesem Falle 
der Hausfriedensbruch von Amts wegen ver- 
folgt. Schwerer Hausfriedensbruch (StuGS#. 
8 124) liegt vor, wenn sich eine MAienschen-- 
menge öffentlich zusammenrottet und in der 
Absicht, Gewalttätigkeiten gegen Personen oder 
Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in 
die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in 
das befriedete Besitztum eines anderen oder 
in abgeschlossene Räume, welche zum öffent- 
lichen Dienste bestimmt sind, widerrechtlich 
eindringt; hier wird jeder, der an diesen 
Handlungen teilnimmt, mit Gefängnis von 
einem onat bis zu zwei Jahren bestraft. 
Begeht ein Beamter in Ausübung seines 
Amtes einen Hausfriedensbruch, so ist dies 
ein besonderes Amtsvergehen (St GB. 8 342), 
welches mit Gefängnis bis zu einem Jahre 
oder mit Geldstrafe bis zu 900 M. bestraft 
wird. Vgl. Freiheit. Wegen des lonstigen 
Schutzes des Hauses s. Durchsuchungen. Vgl 
auch Landfriedensbruch. 
Hausschlachtungen s. Fleischbeschau III. 
Hausstand (Haushalt). I. Der „eigene H.“ 
ist in den Gemeindeordnungen mehrfach als 
Bedingung für den Erwerb des Bürgerrechts 
oder Gemeinderechts (s. d. Landg.) aufgestellt. 
Einen solchen hat derjenige, der wirtschaftlich 
selbständig ist und keinem fremden Haus- 
stande angehört, sondern eine eigene, wenn. 
auch gemietete und mit Möbeln des Ver- 
mieters ausgestattete Wohnung hat (O##. 
14, 170). Der Mitbesitzer eines Grundstücks, 
der auf diesem der Wirtschaft vorsteht, hat 
einen eigenen H. auch dann, wenn seine Mutter 
dem gemeinsamen H. angehört und er dieser 
sich aus Pietätsrüchsichten unterordnet (OVG. 
8, 129). Dagegen haben die sog. Schlaf- 
Hausrecht — 
  
Haoverei. 
burschen (Schlafstelleninhaber, Schlafstellen- 
mieter), die von ihrem Vermieter die Ge- 
legenheit zum Schlafen und zum Aufbewahren 
ihrer Sachen gemietet haben, keinen eigenen 
H., sondern gehören zum H. des Vermieters 
und sind darum nicht selbständig im Sinne 
der Gemeindeordnungen (O#. 37, 14). 
II. Personen, die dem H. des Erblassers an- 
gehört und in demselben in einem Dienstver- 
hältnis gestanden haben, zahlen keine Erb- 
schaftssteuer, sofern der Anfall den Betrag 
von 900 M. nicht übersteigt; sie zahlen 10, 
sofern der Anfall in Pensionen, Renten oder 
anderen auf die Lebenszeit der Bedachten be- 
schränkten Autzungen besteht, die ihnen mit 
BRüchsicht auf dem Erblasser geleistete Dienste 
zugewendet werden. Bei einem Anfall von 
mehr als 900 Al. ist die Steuer von dem 
ganzen Betrage zu berechnen, aber nur inso- 
weit zu entrichten, als sie aus dem die Summe 
von 900 M. übersteigenden Betrage entnom- 
men werden kann. Bgl. Tarif A zum Erbsch- 
StEb. und Befreiungen 24. 
Haussuchungen s. Durchsuchungen. 
Haustrunk (steuerfreier). Bier kann steuer- 
frei bereitet werden, wenn die Bereitung 
nicht in besonderen Brauanlagen vorgenom- 
men wird und lediglich zum eigenen Bedarf 
in einem Haushalte von nicht mehr als zehn 
Personen über vierzehn Jahre geschieht (G. 
wegen Erhebung der Brausteuer vom 31. Ala#i## 
1872 — BEl. 153 ff. — § 5; vgl. auch Brau- 
steuer). Um Mißbräuche zu verhindern, sind 
besondere Kontrollen vorgeschrieben (a. a. O. 
§ 5 und Aus#Vorschr. zu dem Brausteuergesetz 
— Abg Z. 1888, 637 ff. — Ziff. 4). Die gesetz- 
liche Begünstigung des H. ist veranlaßt worden 
durch die Rücksichtnahme auf die seinerzeit 
sehr verbreitete Haustrunkbereitung in manchen 
Küstengebieten, wo der ungesunden und schlech- 
ten Beschaffenheit des Trinkwassers in den 
A-Aiederungen und Maarschen die allgemeine 
Sitte der Hausgebräude ihre Entstehung ver- 
dankt. Die Aufhebung der früheren Steuer- 
freiheit wäre als Härte empfunden worden 
und auch aus Sanitätsrücksichten bedenklich 
gewesen (Motive). Neuerdings ist ein Rück— 
gang der steuerfreien Haustrunkbereitung be- 
merkbar, der sich wohl aus der allgemeinen 
Steigerung der Ansprüche an die Lebenshal- 
tung und die Beschaffenheit der Genußmittel 
erklärt. 
Hausvater im Gebiete des ALR. heißt das 
Mitglied eines Schulverbandes oder einer 
Schulsozietät (II, 12 § 29). H. ist hier jede im 
Schulbezirk wohnhafte, rechtlich und wirt- 
schaftlich selbständige Person, die ein eigenes 
Einkommen hat. Die Eigenschaft ist unab- 
hängig von der Großjährigkeit, vom Ge- 
schlecht, von dem Eingehen der Ehe, von dem 
Besitz schulpflichtiger Kinder, von der Führung 
eines eigenen Haushalts, von der Stellung in 
fremden Diensten. Zu denselben gehören auch 
die Beamten, Lehrer, Geistliche und die servis- 
berechtigten Militärpersonen des aktiven Dienst- 
standes. 
Häutetrochnungsanstalten s. Tierfelle. 
Haverei. Man unterscheidet große (gemein- 
schaftliche) H. und besondere H. Große H. sind
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.