Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

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noch nicht mit Deutlichkeit erkennen lassen, ob 
es lediglich zur Einführung einer der Haft- 
pflicht der Eisenbahnen nachgebildeten ver— 
schärften Haftpflicht kommen wird, oder ob 
außerdem behufs Schaffung eines unter allen 
Umständen leistungsfähigen Trägers dieser 
erweiterten Haftpflicht die Bildung einer 
Zwangsgenossenschaft aller Kraftfahrzeugbe-= 
triebe des Deutschen Reiches erfolgen wird. 
Zurzeit liegt dem Reichstage der Entwurf 
eines Gesetzes über die Haftpflicht für den bei 
dem Betriebe von K. entstehenden Schaden 
vor (Druchs. 264), der die Haftung nach dem 
Vorbilde der Vorschriften des G., betr. die 
Verbindlichkeit zum Schadensersatze für die 
bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Berg- 
werken usw. herbeigeführten Tötungen und 
Körperverletzungen vom 7. Juni 1871 (REßl. 
207; EGBGB. Art. 42) regelt. Er weicht 
jedoch von diesem Vorbilde im Anschluß an 
die Vorschriften über die Haftpflicht der Eisen- 
bahnen darin ab, daß er die Haftpflicht auch 
auf die Haftung für Sachschäden erstreckt 
(§§ 1—5). Danach soll in diesem Umfange 
der Betriebsunternehmer haftpflichtig sein, 
soweit nicht der Unfall durch höhere Gewalt 
oder durch eigenes Verschulden des Verletzten 
oder desjenigen, der die tatsächliche Gewalt 
über die beschädigte Sache ausübt, verursacht 
worden ist. Das Gesetz soll überhaupt nicht 
Platz greifen bezüglich der durch das K. be- 
förderten Personen und Frachten, sowie der 
beim Betriebe der K. beschäftigten Personen 
und bezüglich solcher K., die eine bestimmte 
Geschwindigkeitsgrenze (15 km auf ebener 
Bahn) vermöge ihrer Konstruktion nicht über- 
schreiten können und daher nicht erheblich 
schneller fahren als andere Fuhrwerke. Das 
Schichsal des Entwurfs ist zur Zeit noch un- 
sicher. Nach den bei seiner ersten Beratung 
im Reichstage hervorgetretenen Auffassungen 
erscheint es nicht ausgeschlossen, daß man vom 
Erlaß eines solchen, nur als Provisorium ge- 
dachten Automobilhaftpflichtgesetzes einstweilen 
absieht und der Frage erst dann wieder näher 
tritt, wenn durch statistische Erhebungen die 
Unterlagen für die Schaffung einer Haft- 
pflichtgenossenschaft geliefert sind. Die Re- 
gelung der strafrechtlichen Verantwortlich- 
keit der Kraftfahrer dürfte an die Erfah- 
rung anknüpfen, daß die milden Strafmittel, 
in denen sich die polizeiliche Regelung er- 
schöpft, nicht ausreichen, um die Ubertretung 
der für die öffentliche Sicherheit in hohem 
Grade wichtigen Bestimmungen über Ge- 
schwindigheit, Kennzeichnung, Beleuchtung usw. 
entsprechend zu ahnden. Sie genügen erfah- 
rungsmäßig auch nicht, das Verantwortlich- 
keitsgefühl der Kraftfahrer in dem Mlaße 
lebendig zu erhalten, wie es im Interesse des 
Publikums erwünscht erscheint. Eine gesetz- 
liche Regelung des Verhältnisses der aus dem 
Gemeingebrauch herausfallenden schweren Ma- 
schinen usw. schließlich wird anscheinend durch 
ihre steigende Bedeutung für den Personen- 
und Güterverkehr, die dabei vielfach hervor- 
tretenden neuen und schwierigen Beziehungen 
zum Wegeeigentümer und Wegebaupflichtigen 
und die gerade auf diesem Gebiete vorhan- 
  
Kraftloserklärung von Inhaberpapieren. 
dene Buntheit der gesetzlichen und polizeilichen 
Vorschriften bald erforderlich werden. S. auch 
Chausseegeld, Wege (öffentliche) V und 
wegen der inzwischen im Reiche beschlossenen Be- 
steuerung der Kraftfahrzeuge Reichsfinanz- 
wesen III. 
Kraftloserklärung von Inhaberpapieren. 
Abhanden gekommene oder vernichtete Schuld- 
verschreibungen auf den Inhaber Bönnen, 
wenn nicht in der Urkunde das Gegenteil 
bestimmt ist, im Wege des Aufgebotverfah- 
rens für kraftlos erklärt werden. Ausge- 
nommen sind jedoch Zins-, Renten= und Ge- 
winnanteilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren 
unverzinslichen Schuldverschreibungen, insbe- 
sondere also auch die Zinsscheine (Coupons) 
der Reichs-, Staats= und Kommunalschuld- 
verschreibungen, die Banknoten und Reichs- 
kassenscheine (Bch B. § 799; Bankzgesetz vom 
14. März 1875 § 4; G. vom 30. April 1874 
— RGBl. 40 — §5 6). Der Kraftloserklärung 
von Reichs= und Staatsschuldverschreibungen 
bedarf es nicht, sondern es sind ohne diese 
neue Verschreibungen zu erteilen, wenn der 
Schuldenverwaltung die Vernichtung über- 
zeugend dargetan wird (Reichsschuldenordnung 
vom 19. März 1900 — Rös1. 129 — § 16; 
B. vom 16. Juni 1819 — GS. 157 — 8 2). 
Zum Antrag auf Kraftloserklärung berechtigt 
ist der bisherige Eigenbesitzer. Zuständig ist das 
Amtsgericht des Erfüllungsorts, wenn aber 
die Urkunde einen solchen nicht angibt, des 
allgemeinen Gerichtsstandes des Ausstellers 
und in Ermangelung eines solchen des allge- 
meinen Gerichtsstandes des Ausstellers zur Zeit 
der Ausstellung, für preuß. Staatspapiere und 
Schuldverschreibungen des Reiches das Amts- 
gericht Berlin-Mitte. Der Antrag ist durch 
Abschrift oder wesentliche Inhaltsangabe der 
Urkunde, Glaubhaftmachung des Verlustes 
und der Berechtigung des Antragstellers und 
Erbieten, die Wahrheit der Angaben an Eides 
Statt zu versichern, zu begründen. In dem 
Aufgebot wird der Inhaber aufgefordert, 
spätestens im Aufgebotstermin seine Rechte bei 
dem Gericht anzumelden und die Urkunde 
vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung 
erfolgen werde. Das Aufgebot ist durch An- 
heftung an der Gerichtstafel und im Lokal 
der Börse, sofern eine solche am Sitze des 
Gerichts besteht, sowie mindestens dreimalige 
Einrüchung in die amtlichen Publikations- 
organe des Gerichts, nach Anordnung des 
letztern auch in andern Blättern, bekannt- 
zumachen; sind in der Urkunde oder in den 
die Ausgabe genehmigenden Bestimmungen 
noch andere Blätter bezeichnet, so muß die 
Bekanntmachung auch in diesen erfolgen, da- 
her bei meuh taatspapieren in den Amts- 
blättern der Provinz, wo sich der Verlust er- 
eignet hat (V. vom 16. Juni 1819 § 9), bei 
Schuldverschreibungen des Reiches in je einer 
für jedes Jahr vom Rkl. bestimmten, in Ham- 
burg, München, Leipzig und Frankfurt a. M. 
erscheinenden Zeitung (Reichsschuldenordnung 
§ 18). Die Aufgebotsfrist ist zu bestimmen 1. für 
Papiere, für welche von Zeit zu Zeit Zins-, 
Renten= oder Gewinnanteilscheine ausgegeben 
werden, so, daß seit dem Fälligwerden des
	        
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