Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

456 Schankwirtschaft 
streichen läßt. Sobald erhebliche Gründe nicht — Pr VBl. 16, 320). Notwendige Voraus- 
entgegenstehen, kann die Behörde eine Ver= setzung ist, daß die Annahme berechtigt ist, der 
längerung der Frist bewilligen. Hat der Schank-Wirt werde sein Gewerbe zukünftig zur 
wirt seinen Gewerbebetrieb während drei Jahren Förderung der Völlerei gebrauchen. Auch in 
eingestellt, ohne in dem für die Erteilung der der Art des Kreditgebens kann eine Förderung 
Erlaubnis vorgeschriebenen Verfahren eine Fri= der Völlerei gefunden werden (OV G. vom 4. Juli 
stung nachgesucht und erhalten zu haben, so er= 1907 — Pr VBl. 29, 950). Aus der Abhaltung 
lischt die Erlaubnis (GewO. § 49; s. auch Ein= von Tanzlustbarkeiten ohne die erforderliche poli- 
stellung von Gewerbebetrieben). zeiliche Erlaubnis kann der Schluß gezogen 
Die Genehmigung erlischt nicht schon dadurch, werden, der betreffende Schankwirt werde in 
daß der Inhaber das Grundstück, für das sie Zukunft die Völlerei fördern (O#G. vom 
erteilt ist, veräußert und der Erwerber auf Grund 25. Juni 1898 und vom 4. Juli 1900). Durch 
einer ihm erteilten Erlaubnis die S. betreibt.) Ankauf des Hauses und durch Erteilung der Kon- 
Der erste Inhaber der Erlaubnis kann vielmehr zession an den Erwerber geht die alte Erlaubnis 
den Gewerbebetrieb auf der zurückerworbenen #nicht unter (OV# G. 17, 399; OV G. vom 12. Dez. 
Stelle innerhalb drei Jahren nach der Einstel- 
lung wieder aufnehmen (OV G. 17, 399; RööSt. 
36, 155). Der Betrieb der S. durch den neuen 
Erwerber hindert jedoch nicht den Lauf der 
dreijährigen Frist gegen den ersten Inhaber 
(OBG. vom 6. April 1903 — PrBl. 25, 113). 
S. auch Realgewerbeberechtigun- 
n. 
2. Entziehung. Diese ist nur zulässig 
wegen Mängel in den persönlichen Eigenschaften 
des Gewerbetreibenden (s. Entziehung ge- 
werblicher Genehmigungen). Ins- 
besondere kann die Erlaubnis entzogen werden 
a) wegen Förderung der Völlerei. 
Völlerei ist jede wenn auch nur vereinzelt da- 
stehende Unmäßigkeit im Essen und Trinken 
(OV. vom 10. Nov. 1891 und vom 25. Jan. 
1892 — PrVBl. 13 S. 149, 258) und zwar nicht 
nur der an sich unmäßige oder gar der zur Be- 
trunkenheit führende, sondern auch der Genuß 
geistiger Getränke, der die gesetzmäßigen Schranken 
überschreitet, z. B. Verabreichung von Getränken 
an Schüler, obwohl solches durch Polizeiverord- 
nung verboten ist (OV G. vom 6. Okt. 1904 — 
Pr VBl. 26, 467). Duldet ein Wirt wiederholt in 
seinem Schanklokale Gäste über die vorgeschrie- 
bene Polizeistunde, so rechtfertigt sich die An- 
nahme, er fördere die Völlerei und entbehre der 
für seinen Gewerbebetrieb erforderlichen Zuver- 
lässigkeit (O.G. vom 31. März 1881 — Prl. 
2, 293; vom 30. Sept. 1882 — Prl. 4, 35; 
vom 24. März und 3. April 1886 — PrBl. 7 
S. 219, 260; vom 9. Mai 1889 — PrVBl. 10, 
458; vom 5. Okt. 1891 — Pr VBl. 13, 78). Un- 
erheblich ist es, ob Fremde oder Freunde oder 
Verwandte des Wirtes im Schanklokal über die 
Polizeistunde geduldet worden sind (OVG. vom 
11. März 1885 — PrVBl. 6, 269) oder ob eine 
Unmäßigkeit der Gäste nicht stattgefunden hat 
(O#. vom 1. Febr. 1892 — Pr VBl. 13, 315). 
Ein Mißbrauch des Gewerbes zur Förderung 
der Völlerei liegt auch vor, wenn der Gewerbe- 
treibende den übermäßigen Genuß von Speisen 
und Getränken seitens seines Personals in 
seinem Gewerbebetriebe veranlaßt oder auch nur 
duldet (OVG. vom 5. Febr. 1903 — Pr Vl. 
24, 553). Der Antrag auf Zurücknahme der Er- 
laubnis wegen Förderung der Völlerei kann 
auch darauf gestützt werden, daß der Wirt dem 
Trunk ergeben oder betrunkenen Gästen den 
Aufenthalt in seinem Lokal gestattet oder Ge- 
tränke verkauft hat (O G. vom 11. Nov. 1882 
|Pr VBl. 4, 87 — vom 2. u. 8. Dez. 1884 
— Pr Bl. 4 S. 116, 132; vom 26. Nov. 1894 
1900 — Pr Bl. 22, 266). Das gleiche gilt hin- 
sichtlich der Vermietung und Zwangsversteigerung 
(O##G. vom 16. Juni 1881 — Pr Bl. 2, 328; 
vom 24. Sept. 1906 — Pr Bl. 27, 7). Eine 
Jörderung der Völlerei liegt endlich auch dann 
vor, wenn ein Wirt mit beschränkter Erlaubnis 
dieser Erlaubnis zuwider Branntwein ausschenkt 
oder verkauft (OVG. vom 15. Febr. 1892 — 
Pr VBl. 13, 324), oder wenn ein Kleinhändler 
Branntwein zum Genuß auf der Stelle verkaufst 
und die nüchtern gewesenen Personen betrunken 
aus dem Lokale herausgekommen sind (O## G. 
vom 28. Nov. 1885 — Pr l. 7, 114; vgl. 
auch Ouc. vom 25. Okt. 1884 — Pr VNl. 6, 
76 — und vom 10. Dez. 1894 — Pr Bl. 16, 
501; s. auch Anm. 8 zu § 33). 
b) Wegen Förderung des verbo- 
tenen Spiels. Unter verbotenem Spicl 
ist auch dasjenige Spiel zu verstehen, dessen 
Duldung dem Gastwirte verboten (O# G. 2, 302; 
OVG. vom 29. Nov. 1879 — PrBl. 1, 231; 
vom 22. Okt. 1881 — Pr Bl. 3, 53; vom 
20. Juni 1885 — Pr VBl. 6, 336 — und vom 
14. März 1889 — Pr Bl. 10, 400). Die Tat 
aache ber Bestrafung reicht aus (O# G. 1, 308; 
5, ). 
c) Wegen Förderung der Unsitt- 
lich leit. Unter Unsittlichkeit ist das unsittliche 
Verhalten in geschlechtlicher Beziehung zu ver- 
stehen (O#G. 15, 358). Die Zurücknahme der Er- 
laubnis kann wegen Förderung der Unsittlichkeit 
erfolgen, wenn der Gast= oder Schankwirt wegen 
gewohnheitsmäßiger oder wiederholter Kuppelei 
bestraft worden ist (OBG. 16, 352). S. auch 
OVG. vom 20. Febr. 1906 (Pr VBl. 27, 698). 
Aus dem bloßen Halten von Kellnerin- 
nenbedienung lassen sich ungünstige 
Schlüsse auf die Geschäftsführung des Schank- 
Wirts nicht ziehen (OV G. vom 8. Juni 1905 — 
Pr VBl. 27, 698). — Förderung der Unsittlich- 
keit liegt auch vor, wenn der Schankwirt es 
unterläßt, dem unsittlichen Treiben seiner Ehe- 
frau entgegenzutreten (O#G. vom 17. März 
1881 — PrBl. 3, 38), oder die zur Verhinde- 
rung unsittlichen Verkehrs zwischen den Gästen 
und den bedienenden Kellnerinnen erforderlichen 
Vorkehrungen zu treffen und ausreichende Kon- 
trolle in dieser Beziehung auszuüben (O#. 
vom 26. Juni und 6. Sept. 1888 — Pr V Bl. 9 
S. 405, 472). « 
d) Wegen Förderung der Hehlerei 
s. OVG. vom 13. Sept. und 13. Dez. 1883 
— Pr Wl. 5 S. 3, 149. Bei einer von 
der Witwe weiter betriebenen S. kann die 
  
  
 
	        
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