Spielkarten und Spielkartenstempel
haberpapiere II). In diesen Fällen
pflegt von den Unternehmern mittels unlauterer,
oft schwindelhafter Reklame die Aussicht auf
Gewinn in verlockender, mit der Wirklichkeit
nichts weniger als im Einklang stehender Weise
geschildert zu werden, und werden die meist den
ärmeren und weniger gebildeten Kreisen ange-
hörigen Teilnehmer in gröblicher Weise getäuscht.
Insbesondere die sich der Kenntnis und dem
Verständnis weiterer Kreise entziehenden, mehr
oder weniger verwickelten Bestimmungen über
die Prämienanleihen mit ihren sich auf Zeit-
räume von Jahrzehnten verteilenden Aus-
losungen machen es dem großen Publikum
geradezu zur Unmöglichkeit, sich nach den Schilde-
rungen der Ankündigungen der Unternehmer
ein richtiges Bild von den Gewinnaussichten
der Teilnehmer zu machen. Dazu kommt, da
es den Teilnehmern an jeder Kontrolle über
die Geschäftsgebarung der, noch dazu meist im
Auslande befindlichen, Unternehmer fehlt, ins-
besondere darüber, ob diese die in den Prospekten
bezeichneten Lose usw. tatsächlich besitzen oder
erwerben, ob sie die Beteiligung auf die an-
gegebene Zahl von Teilnehmern beschränken usw.
Neuerdings ist dann unter der Einwirkung des
gesetzgeberischen Vorgehens von Lübeck, Olden-
burg und Braunschweig noch eine Art der Um-
gehung der Gründung von S. in die Erscheinung
getreten: statt der Gründung einer Gesellschaft
bietet der Unternehmer Prämienpapiere unter
Versprechen der Stundung des Preises auf eine
gewisse Reihe von Jahren an und veräußert
oder überläßt sie dementsprechend zeitweise,
indem er sich zugleich monatliche Zahlungen als
Entgelt für die Stundung und die Verwaltungs-
kosten ausbedingt; statt der Stundung des Kauf-
preises wird auch die Form gewählt, daß der
Unternehmer ihn als getilgt annimmt, indem
er die veräußerten Papiere zugleich in Höhe
des Kaufpreises beleiht. Unter verschiedenen
Bezeichnungen wird dem Spieler hierbei ein
anscheinend geringer, tatsächlich aber einem
Jahreszinssatze von unerhörter Höhe gleichkom-
mender Monatsbetrag in Rechnung gestellt. In
allen diesen Fällen handelt es sich regelmäßig
in Wahrheit nicht um gesellschaftliche Unter-
nehmungen zu gemeinschaftlichem Spielen, son-
dern um einen verschleierten strafbaren Handel
mit Losanteilen. Diesem gemeinschädlichen
Treiben gegenüber weist eine Vf. des JM. vom
10. April 1906 (vgl. Vf. des FM., des Md J.
und des HM. vom 26. Sept. 1906 — MBl. 349)
auf folgende strafrechtliche Gesichtspunkte hin:
Hat der Unternehmer das Los, für dessen Spiel
er Teilnehmer wirbt, nicht im Besitz, so kommt,
ev. neben Betrug, nach § 286 St G. strafbare
Veranstaltung einer öffentlichen Lotterie in
Frage (R#St. 27, 233 ff.); gleichzeitig kann Zu-
widerhandlung gegen §§ 30, 33 des RStemp G.
vom 15. Juli 1909 vorliegen. Hat der Unter-
nehmer das Los im Besitz, so ist die Rechtslage
die gleiche, wenn er den Teilnehmern nicht das
Miteigentum an dem Lose verschafft, sondern
nur einen Anteil am Gewinne verspricht. Über-
trägt er aber Miteigentum, so liegt strafbare
Veräußerung von Losanteilen vor (G. vom
18. Aug. 1891 — GS. 353; G. vom 19. April
1894 — GS. 73; G., betr. die Abzahlungs-
65 1906 — Ml. S. 34 u. 349).
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geschäfte, vom 16. Mai 1894 — Rl. 450 —
§§ 7, 8). Ist der Unternehmer dagegen bei Er-
werb der Lose nicht als Selbstkäufer oder als
Käufer für die S. aufgetreten, so finden nach
der Rechtsprechung des RG. jene Strafbestim-
mungen keine Anwendung, weil dann die Lose
nach § 718 BGB. ohne weiteres kraft Gesetzes
gemeinschaftliches Eigentum der Gesellschafter,
Gesellschaftsvermögen werden. Die Staats-
anwaltschaften wie die Polizeibehörden sind durch
die gedachten Verfügungen angewiesen, dem
Treiben der Unternehmer derartiger S. ufsw.
sorgfältigste Beachtung zuzuwenden. Ferner
sollen die Verwaltungsbehörden darauf hin-
wirken, daß die Aufnahme von Ankündigungen
derartiger Unternehmungen von der Presse ab-
gelehnt wird (Vf. vom 14. Febr. und 26. Sept.
Doch haben sich
weder die bestehenden Strafgesetze noch die Maß-
nahmen der Behäörden als ausreichend zur Unter-
drückung erwiesen, so daß auch für Preußen
nach dem Vorgang von Lübeck, Oldenburg und
Braunschweig, dem auch andere Bundesstaaten
zu folgen gewillt sind, der Erlaß eines Spezial-
esetzes bevorsteht, bei dem es, soll es wirksam
sein, vor allem ankommen wird auf zutreffende
Bestimmung der Deliktsmerkmale, Ausdehnung
der Strafbarkeit der Beihilfe, Ausschaltung des
Begriffs des fortgesetzten Vergehens und höhere
Strafen für den Rückfall, wofür der Vorgang
in dem Lotteriestrafgesetz vom 29. Aug. 19041
(vgl. oben) gegeben ist. Ein entsprechender Ge-
setzentwurf liegt zur Zeit (1911) des Druckes dem
Landtage vor.
Spielkarten und Spielkartenstempel. I. Das
G., betr. den Spielkartenstempel, vom 3. Juli
1878 (RöBl. 133) ist am 1. Juli 1879 in Kraft
getreten; die aus ihm erzielten Einnahmen
fließen in die Reichskasse; sein Geltungsbereich
ist das ganze Deutsche Reich. Die zur Aus-
führung des Gesetzes erlassene RK Bek. vom
6. Juli 1878 ist im ZBl. 403 und im Abg ZBl. 231
und die vom 2. Nov. 1878 in denselben Zentral-
blättern S. 614 und bzw. S. 266 abgedruckt,
während sich das Regul., betr. den Betrieb der
Spielkartenfabriken, vom 6. Juli 1878 a. a. O.
S. 406 und bzw. S. 236 befindet. Die Erhebung
und Verwaltung der Abgabe erfolgt durch die
Behörden der Verwaltung der Zölle und in-
direkten Steuern. Bis 1838 bestand in Preußen
ein Staatsmonopol, alsdann wurde ein Stempel
eingeführt; die Reichsabgabe trat an die Stelle
der einzelnen bundesstaatlichen Abgaben, auch
sollte das Reichsgesetz zur Beseitigung der Ver-
kehrsbeschränkung zwischen den Einzelstaaten
dienen.
II. Als Spielkarten im Sinne des Gesetzes
sind solche Karten anzusehen, mit denen irgend
eines der gewöhnlichen Kartenspiele gespielt
werden kann. Die Fabrikation von Spiel=
karten darf nur in den von der zuständigen
Steuerstelle genehmigten Räumen betrieben
werden. Wer Spielkarten in das Bundes-
gebiet einbringt oder vom Auslande eingehende
ungestempelte Spielkarten daselbst empfängt,
ist verpflichtet, dieselben beim Eingange bzw.
Empfange der Zollbehörde anzumelden. ie
Erhebung der Steuer erfolgt durch Abstempelung
der Karten, und zwar auf dem Coeur-As, sofern