Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

662 Strafversetzungen — 
(Erl. vom 9. Juli 1906 — MBl. 236). Wegen 
des Verhältnisses der polizeilichen Zwangs= zur 
Kriminalstrafe s. Zwangsmittel II. Vgl. 
im übrigen Berwaltungsstrafverfah= 
ren I. 
Friedel, Die poligeiliche Strafverfügung. 
Strafversetzungen [. Disziplinar- 
strafen unter II B. 
Strandgüter (Zollbehandlung). Beschädigte 
S., welche aus den an den Küsten des 
Zollgebiets gestrandeten Schiffen geborgen 
werden und im Wege des öffentlichen Aus- 
gebots zum Verkauf gelangen, genießen nach 
§ 82 V386. eine eigenartige Zollbehandlung 
des Inhalts, daß von ihnen auf Antrag der Be- 
teiligten ein Zoll von 10 v. H. des Reinertrages 
des Versteigerungserlöses zu erheben ist. In- 
ländische S. von Schiffen, welche nach dem 
Auslaufen verunglücken, bleiben nach § 117 
a. a. O. vom Eingangsgolle befreit. 
Strandungsordnung vom 17. Mai 1874 (R- 
Bl. 73) in der Fassung des G. vom 30. Dez. 1901 
(R Bl. 1902, 1), in Helgoland eingeführt durch 
Allerh V. vom 20. Juli 1895 (R#Bl. 421). Die S. 
regelt die Strandbehörden, das Verfahren bei 
Bergung und Hilfeleistung in Seenot, den See- 
auswurf, die Behandlung der strandtriftigen, 
versunkenen und seetriftigen Gegenstände, das 
Aufgebotsverfahren, die Festsetzung der Ber- 
gungs= und Hilfskosten. Das Anwendungs- 
gebiet der S. ergibt sich aus der Abgrenzung 
der Bezirke der Strandämter. 
I. Strandbehörden sind die Strand- 
ämter, denen Strandvögte untergeordnet sind; 
letztere haben insbesondere diejenigen Maßregeln 
zu leiten, welche zum Zwecke der Bergung oder 
Hilfeleistung zu ergreifen sind. Die Organisa- 
tion der Strandbehörden ist aus dem Hand- 
buche für die deutsche Handelsmarine ersichtlich. 
Die Oberaufsicht über die Verwaltung der 
Strandungsangelegenheiten führt das Reich 
(Strandungsordnung §§8 1—3). 
II. Verfahren bei Bergung und 
Hilfeleistungin Seenot. Wer ein auf 
den Strand geratenes oder sonst unweit desselben 
in Seenot befindliches Schiff — dazu gehören 
auch Schiffe, die nicht Seeschiffe sind (RG#. 
38, 86) und Kriegsschiffe (R. 69, 207) — 
wahrnimmt, hat hiervon sofort dem zuständigen 
Strandvogt oder der nächsten Gemeindebehörde 
Anzeige zu machen. Der Uberbringer der ersten 
Nachricht hat Anspruch auf eine angemessene 
Vergütung. Der Strandvogt, dem die Gemeinde- 
behörde Nachricht zu geben hat, hat sich sofort 
an Ort und Stelle zu begeben und die An- 
ordnungen zur Bergung und Hilfeleistung zu 
treffen. Wider den Willen des Schiffers dürfen 
Maßregeln zum Zwecke der Bergung oder 
Hilfeleistung nicht ergriffen werden. Der Strand- 
vogt ist während der Seenot befugt, zur Rettung 
von Menschenleben die erforderlichen Fahrzeuge 
und Gerätschaften, sowie ieden außerhalb der 
öffentlichen Mege zum Strande führenden Zu- 
gang auch ohne Zustimmung der Verfügungs- 
berechtigten, aber gegen Ersatz des wirklichen 
Schadens in Anspruch zu nehmen. Der Strand- 
vogt hat vor allem für die Rettung der Personen 
zu sorgen. Im Falle der Bergung sind zunächst 
die Schiffs= und Ladungspapiere fortzunehmen. Hilfskosten. 
  
Strandungsordnung 
Ohne Genehmigung des Schiffers darf nichts 
aus dem Schiffe fortgeschafft werden. Die 
geborgenen Gegenstände hat das Strandamt 
mit Zuziehung des Schiffers und des Zollbe-- 
amten unter Angabe des Wertes und der Menge 
in ein Inventarium einzutragen; sie dürfen 
dem Schiffer erst nach Bezahlung oder Sicher- 
stellung der Bergungskosten ausgeliefert werden. 
Leicht verderbliche oder sonstige Gegenstände, 
die dem Verderben ausgesetzt und nur mit un- 
verhältnismäßigen Kosten aufbewahrt werden 
können, hat das Strandamt öffentlich zu ver- 
steigern (Strandungsordnung §§ 4—19). 
III. Seeaus wurf, strandtriftige 
versunkene und secetriftige Gegen- 
stände. Sceauswurf sind besitzlos gewordene 
Gegenstände, die von der See auf den Strand 
geworfen werden; sie sind strandtriftig, wenn sie 
von der See gegen den Strand getrieben. 
Versunkene Gegenstände sind versunkene Schiffs- 
trümmer oder sonstige Gegenstände, die vom 
Meeresgrunde heraufgebracht werden; seetriftige 
Gegenstände sind verlassene Schiffe oder sonstige 
besitzlos gewordene Gegenstände, die in offener 
See treiben. Wer solche Gegenstände birgt — 
die Einschleppung in den Hafen braucht nicht 
vollendet zu sein (RG . 69, 207) — hat bei 
Verlust des Bergelohns — sofern nicht nach 
Lage des Einzelfalls die Anzeige eine lrere 
Formalität bedeuten würde (RG. 69, 207) — 
der nächsten Polizeibehörde oder dem Strand- 
vogte sofort Anzeige zu machen und die Gegen- 
stände zur Verfügung zu stellen. Bei seetriftigen 
Gegenständen fällt die Verpflichtung sort, wenn 
das bergende Fahrzeug an einer ausländischen 
Küste inzwischen vor Anker gegangen ist und dort 
die Gegenstände dem Eigentümer oder einer Be- 
hörde zur Verfügung gestellt hat. Das Strand- 
amt hat den Berger über die Bergung zu 
hören und die Gegenstände aufzubewahren. Die 
Gegenstände sind entweder dem Empfangsbe- 
rechtigten gegen Zahlung oder Sicherstellung 
des Bergelohnes und nach zollamtlicher Ab- 
fertigung auszuliefern oder, wenn der Em- 
pfänger unbekannt ist, aufzubieten (Strandungs- 
ordnung §§ 20—25). Wegen Beseitigung der die 
Schiffahrt hindernden Wracks s. Schiffahrts- 
indernisse. 
IV. Aufgebotsverfahren und Recht 
auf herrenlose geborgene Gegen- 
stände. Zur Ermittlung des Empfangsberech- 
tigten hat das Strandamt, sofern sich ein genügen- 
der Anlaß dazu bietet, geeignete Vorverhand- 
lungen vorzunehmen, andernfalls dabei das 
Aufgebotsverfahren einzuleiten. Meldet sich 
kein Berechtigter, so werden versunkene und see- 
triftige Gegenstände dem Berger, alle übrigen 
Gegenstände dem Landesfiskus überwiesen. Wer- 
den dagegen Ansprüche angemeldet, so hat das 
Strandamt den Berger oder den Landesfiskus 
wegen Anerkennung der Ansprüche zu einer 
Erklärung aufzufordern. Wird Widerspruch 
erhoben, so sind die Ansprüche binnen einer 
vom Strandamte festzusetzenden Frist im Wege 
der Klage zu verfolgen. Das gleiche gilt, wenn 
die Empfangsberechtigung streitig ist (Strandungs- 
ordnung §§ 26—35). 
V. Festsetzung der Bergungs= und 
Ansprüche auf Berge= oder 
 
	        
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