Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Umlageverteilungsbeschlüsse — Umlegung von Grundstücken 
8 37; SUVG. § 36) ein allmählicher Übergang 
zum Kapttaldeckungsverfahren (s. d.) angebahnt 
worden ist. Nach G. über die privaten Versiche= 
rungsunternehmungen vom 12. Mai 10901 S 2.1 
(Röl. 139) ist den Versicherungsvereinen auf 
Gegenseitigteit die Wahl zwischen dem Stamm- 
deckungsversahren und dem U. gelassen. Sterbe- 
kassen mit U. sollen nicht mehr genehmigt werden 
(Erl. vom 25. Jan. 1902 — Mhl. 31: a. M.: 
CV. 51 S. 322, 328). U. bei der Unfall- 
versicherung s. Berufsgenossen 
schaften VI, 3. 
Umlageverteilungsbeschlüsse für Gemeinde- 
abgaben s. Gemeindesteuerbeschlüssen 
und Kommunalabgabengese ß 
Umlegung von Grundstücken für städtische 
Bebauung. I. Das schnelle Anwachsen der Be- 
völkerung in den großen Städten und die da- 
durch herbeigeführte Art der Ausnutzung des Bo- 
dens zu Bauzwecken führt zu mancherlei lbel- 
ständen auf dem Gebicte der sanitären, sittlichen 
und #usellschaftlichen Verhältnisse. Während in 
anderen Ländern, besonders in Cugland, das Ein- 
familienhaus als die gewöhnliche Form der 
Wohynstätte hervortritt, die nt in den großen deut- 
schen Städten in immer zunehmendem Umfange 
die Mie slaserne zur Befriedigung des Woöoh- 
nungsbediufnisses. Das enge dusammenwohnen 
ceiner großen Anzahl von Menschen in dicht an- 
einander gebauten hohen Häusern mit engen 
Höfen hindert aber den Zutritt von Lufst und 
Licht zu den Wohnräumun, fördert das Entstehen 
und die We terverbreitung von Krankheiten, stört 
den Frieden der Nachbarn, orscichtert Unsittlich= 
keiten und erschwert die Erwerburg cigener 
Heimstätie n. Hirzu lommt infolge des schnellen 
Wachsens des Wohnungsbedarfs eine bedeutende 
Steigerung des Wertes des bebauungsfähigen 
Bodens im Umlreise des bebauten Stadtbezirks, 
die von einem ausgedehnten Spelulationshandel 
mit Grundstücken und einer ungesunden Cutwick- 
lung des Baugewerbes begleitet wird und eine 
dem Interesse der Städtebewohner widerspre- 
chende Höhe des Mietzinses zur Folge hat. Als 
Mittel, diesen Mißständen zu begegnen, dienen 
neben Masnahmen auf dem Gebiete der kommn- 
nalen Besteuerung (Gemeindegrundsteuer nach 
dem gemeinen Werte, Grundbesitzwechselabgaben, 
Wertzuwachssteuer), Unterstützung von Bau- 
genossenschaften, die am gemeinschaftlichen Eigen- 
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koppelungsverfahrens seit einem Jahrhundert 
stattfindet, sehlt es aber bei städtischen Grund- 
stücken an einer gesetzlichen Handhabe. Ins- 
besondere gewährt eine solche auch nicht das 
Fluchtliniengesetz vom 2. Juli 1875. Man hat 
sich daher damit beholfen, hierauf die Gesetze über 
die wirtschaftliche Zusammenlegung der Grund- 
stücke anzuwenden (s. Zusammenlegung 
der Grundstücke). Die Gencraltommissio- 
neu haben auf diesem Gebiete einc rege, aller- 
scits anuerfkannte Tätigkeit entfaltet. Nach einer 
auf amtlichem Material beruhenden Zusammen- 
stellung in einem Aufsatze von Holzapfel (Bd. 37 
der Zeitschr. f. Landeskulturgesetzgebung, Berlin 
1009) sind von diesen Behörden in den Jahren 
1895—1908 Baulandumlegungen überhaupt aus- 
geführt für eine Fläche von 5880 ha, städti- 
sche Baulandumlegungen für 4751 ha; an 
letzterer Summe waren 50 Städte beteiligt; die 
Anwendbarleit der zunächst nur für landwirt- 
schaftliche Verhältnisse ergangenen Gesetzgebung 
ist jedoch nicht ohne Bedenten. Mit Rücdsicht auf 
die erreichten günstigen Ergebnisse ist daher im 
Abgeordnetenhause wiederholt der Wunsch zum 
Auedruck gebracht worden, dieser Tätigteit der 
Behörden eine feste gesetliche Grundlage zu 
geben (vgl. Küster, Die CErschließung von 
Baugeländen und die Bildung geeigneter Bau- 
stellen durch Umlegung der Grundstücke, 1904; 
De Weldige-Cremer und Fahren- 
horst, Die Grundstücksumlegung in Stadtfeld- 
marken und in der Südostfeldmark Dortmund, 
1903). 
II. Für den Bezirk der Stadt Frantsurt a. M. 
ist in neuerer Zeit durch G. vom 28. Juli 1902 
(G S. 273), abgeändert durch G. vom 8. Juli 1007 
(GS. 259) (die sog. le Adickes zum Zwecke 
der Erschließung städtischen Geländes für Be- 
bauunngszwecke ein besonderes Gesetz erlassen 
worden. Nach demselben kann aus Gründen des 
öffentlichen Wohls sowie zur Herbeiführung einer 
zweckmäßigen Gestaltung von Baugrundstücken 
die Umlegung von Grundstücken verschie- 
dener Cigentümer in überwiegend unbebauten 
Teilen des Gemeindebezirks erfolgen, für die der 
Bebanungeplan endgültig festgestellt worden ist 
(§F 1). Die Umlegung tann sich nur auf einen ein- 
zelnen, in gesetzlich bestimmter Weise zu be- 
grenzenden Teil des Gemeindebezirks (das „Um- 
legungsgebiet“) erstrecken (§2). Die zur 
tum festhalten, Ausnutzung des Erbbaurechts, Umlegung bestimmten Grundstücke werden zu 
hauptsächlich baupolizeiliche Vorschriften, durch einer Masse vereinigt, in die auch die bereits 
die eine weiträumige Bebauung in bestimmten vorhandenen öffentlichen Wege und Plätze ein- 
Stadtteilen (Villenviertel, landhausmäßige Be= zuwerfen sind. Von dieser „ZSessamtmasse“ 
bauung) angcordnet wird, die Aufstellung zweck= wird vorweg das zu den öffentlichen Straßen 
mäßiger Bebauungspläne, die Anlage von ge= und Plätzen erforderliche Gelände ausgeschieden 
räumigen Plätzen und den Bedürfnissen ent= und der Gemeinde oder dem sonstigen Wege- 
sprechenden Straßen, sowie die Vermehrung des unterhaltungspflichtigen überwiesen. Dic „Rest- 
städtischen Grundbesitzes behufs Abgabe von billi-mmasse“ wird unter die Eigentümer der Grund- 
gen Bauplätzen an dic minder bemittelten Klas= stücke verteilt, die in die Gesamtmasse eingeworfen 
sen der Stadtbewohner. Zu diesen Mitteln tritt waren (§ 10). Hierbei soll den Beteiligten (Ge- 
als ein weiteres die Beschaffung von ausgedehn= meinde, Eigentümer, Realberechtigte, Micter, 
tem Baugelände und die zweckmäßige Gestaltung Pächter usw.) vollständige Entschädigung gewährt 
der Baugrundstücke durch Zusammenlegung und werden (§§ 11, 57). Die Verteilung der Restmasse 
Umlegung der bebauungsfähigen, in den Händen hat nach Zweckmäßigkeit und Billigkeit zu erfolgen, 
verschiedener Eigentümer befindlichen Grund= und zwar tunlichst so, daß die Gesamtfläche nach 
stücke. Für eine solche zwangsweise Umlegung, dem Verhältnis verteilt wird, in welchem die 
wie sie zur Hebung der Bodenkultur bei landwirt= Eigentümer der früheren Gesamtfläche beteiligt 
schaftlich genutzten Grundstücken mittels des Ver= waren. Dabei sollen tunlichst die Grundstücke 
 
	        
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