Verfall der Kirche. 847
verschuldet, daß nur das Dazwischentreten des Hans von Polenz,
die Sparsamkeit seines Nachfolgers, Bischofs Rudolf und der
Beistand der Markgrafen das Kapitel aus der äußersten Be-
drängniß befreite. Das zweite aber) was in nicht geringerem
Grade zur Verarmung der geistlichen Stifter beitrug, waren
die unaufhörlichen Gelderpressungen, welche sich die Geistlichkeit
von der päpstlichen Kurie selbst gefallen lassen mußte Dem
päpstlichen Nuntius, der sich 1371 auf einer diplomatischen
Mission zu Kaiser Karl IV. gegen sieben Wochenin der meißner
Diöces nufhielt, mußte der Bischof außer den nöthigen Mitteln
für das Fortkommen täglich 15 Goldgulden zahlen, zu deren
Aufbringung auch die Bischöfe von Brandenburg und Merse-
burg und der Erzbischof von Magdeburg herangezogen wurden.
Der Protest, den letzterer mit seinen Suffraganen 1373 er-
neuten Zehentforderungen entgegenstellte, fruchtete so wenig,
daß abermals 6000 Goldgulden gezahlt werden mußten; und
dies in einer Zeit solcher Geldarmuth, daß selbst die reichsten
Klöster in Meißen, Altzelle, Buch und Chemnitz 1382 sieben
Monate lang die Excommunication und Suspension ihrer Köte
Uber sich ergehen lassen mußten, well sie die rückständigen Ab-
gaben nicht zu zahlen vermochten 1). Dem gleichen Zwecke der
Erpressung diente ferner die Besetzung hoher geistlicher Amter
durch päpstliche Provision, die natürlich nur gegen hohe Taxen
an die päpstliche Kammer zu erlangen war, eine Simonie äm
größten Stil. In Merseburg mißlang zwar der Versuch (sro.
S. 315), dagegen glückte er in Meißen, wo Bischof Konrad
1371, um die Kosten seiner Bestätiszung zu bestreiten, für 200
Schock Getreidezinsen verkaufen mußte 2). Da nun die Frei-
gebigkeit der Laien gegen die Kirche, mochte issie sich auch immer
noch in Stiftungen von Messen, Altären und Geleuchten be-
thätigen, im Vergleich zu früher doch bedeutend abgenommen
hatte, so wurden die Ablässe als ein förmliches Besteuerungs-
system zum Besten der darbenden Kirche benutzt, womit die
Vermehrung der Kirchenfeste, die Zunahme des Mariendienstes,
) Cod. dipl. Sax. II, 2. No. 610. 613. 615. 625. 636. 674 und
die Einl., S. XV ff.
2) ib. No. 607.