Full text: Verfassung und Verwaltung der freien Hansestadt Bremen.

$ 18. Meinungsverschiedenheiten zwischen Senat usw. 45 
Verfassung von 1849 ließ in solchen Fällen die 
souveräne Gesamtheit der Bürger durch einen zu 
diesem Zweck gewählten Ausschuß von 13 Bürgern 
entscheiden. Die heutige Verfassungsgesetzgebung 
kennt solchen Ausweg nicht. Auch das Gesetz, be- 
treffend die Erledigung von Meinungsverschiedenheiten 
zwischen Senat und Bürgerschaft, gibt nur für 
Differenzen rechtlicher Natur ein Mittel zur Ent- 
scheidung, für andere Differenzen wird nur ein Weg zur 
Vermittlung gezeigt. In der Praxis sind Verfassungs- 
konflikte nicht häufig vorgekommen. Im Senat und 
in der Bürgerschaft gibt im wesentlichen die gleiche 
soziale Schicht des Bürgertums den Ausschlag; die 
regelmäßige gemeinsame Arbeit in den Deputationen 
fördert die gegenseitige Verständigung; in richtiger 
Erkenntnis, daß sie ım Interesse des Staatswohles 
auf ein Zusammenarbeiten angewiesen sind, suchen 
beide Teile einen Ausgleich in Kompromissen. 
Die Verfassung unterscheidet ($ 66): 
1. Meinungsverschiedenheiten „hinsichtlich der 
Zweckmäßigkeit einer das öffentliche Wohl be- 
treffenden Maßregel“. Liegt eine solche vor, so kann 
jeder Teil die Niedersetzung einer Deputation ver- 
langen, welche über Vermittlungsvorschläge zu be- 
raten und zu berichten hat. Gelingt auch dann eine 
Verständigung nicht, so fehlt ein weiteres Mittel. 
Äußerstenfalls könnte der Bundesrat nach Reichs- 
verfassung Art. 76 Abs. 2 eingreifen. 
9. Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung 
der Verfassung oder eines (Gesetzes oder eines 
sonstigen gemeinsamen Beschlusses, speziell auch über 
die Frage, ob eine vom Senat oder einer anderen 
Behörde erlassene Polizeiverordnung in das Gebiet 
der Gesetzgebung falle. Bei derartigen Differenzen 
rechtlicher Art ist auch zunächst eine Deputation 
aus 4 Senatoren und 7 Bürgerschaftsmitgliedern ein-
	        
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