62 Drittes Kapitel. Die staatlichen Funktionen.
$ 28. Die Gerichtspersonen.
1. Die Richter nehmen nach Reichs- und
Bremischem Landesrecht eine Sonderstellung vor
anderen Beamten ein. Die Reichsgesetze garantieren
ihnen im Interesse der Unabhängigkeit der BRechts-
pflege eine unabhängige Stellung: ihr Amt ist lebens-
länglich; sie können gegen ihren Willen nur durch
Richterspruch versetzt oder abgesetzt werden. Das
Bremische Landesrecht hat in eigentümlichen Be-
stimmungen über die Richterwahl einen Rest der
geschichtlichen Entwicklung des Richterkollegiums aus
dem Senatskollegium bewahrt.
Die Befähigung zum Richteramt wird
‚nach Reichsrecht durch Ablegung zweier juristischer
Prüfungen erworben. Die erste Prüfung wird von
den bremischen Rechtskandidaten nach Zulassung
durch den Senat — über das Reifezeugnis: Bek. v.
83. Mai 1905 — vor der Prüfungskommission eines
anderen deutschen Staates, mit denen Vereinbarungen
darüber abgeschlossen sind, abgelegt. Es folgt eine
auf drei Jahre bemessene Referendarzeit. Die zweite
Prüfung findet vor einer aus drei Mitgliedern des
Hanseatischen Oberlandesgerichts bestehenden Prü-
fungskommission statt (G. v. 17. Mai 1879 8 14 ff.).
Gerichtsassessoren gibt es in Bremen nicht. Die
Referendare lassen sich nach dem zweiten Examen
in der Regel als Rechtsanwälte nieder. Zu Hilfs-
richtern können bremische Rechtsanwälte ernannt
werden (a. a. 0. & 43). .
Die Wahl der Richter erfolgt durch einen
zu dem Zwecke gewählten Wahlausschuß von je drei
Mitgliedern des Senats, der Bürgerschaft und des
Bichterkollegiums. Der Gewählte wird vor ver-
sammeltem Senat und Richterkollegium feierlich ein-
geführt und beeidigt (G. v. 17. Mai 1879 & 20 f.).