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Untertanenlande Rechtsgleichheit mit der Stadt zu gewähren, deren
Bewohner doch den größten Teil der Staatsangehörigen ausmachten.
An Stelle der alten städtischen Rezesse und Konkordate zwischen
Senat und Bürgerschaft traten daher Staatsverfassungen. Die
Verfassungsbildung gelang in Lübeck 1848, in Bremen 1849, in
Hamburg erst 1860. Die jetzt geltenden Redaktionen der Ver-
fassung sind in Lübeck und Bremen von 1875, in Hamburg von 1879.
Die freien Städte sind Republiken, d. h. es sind weder alle
Rechte der Staatsgewalt in einer physischen Person vereinigt, noch
ist eine solche kraft eigenen Rechts zum Organe des Staates be-
rufen. Doch wird die ausdrückliche Aufstellung des Grundsatzes
der Volkssouveränetät, wonach die Gesamtheit der Staatsange-
hörigen Grund und Quelle der Staatsgewalt ist, vermieden. Als
Inhaber der Staatsgewalt gelten vielmehr deren oberste, auf der
Verfassung beruhende Organe, Senat und Bürgerschaft.
Der Senat besteht aus einer bestimmten Anzahl von Mit-
gliedern (Hamburg 18, Bremen 16, Lübeck 14), zum größten Teile
entweder Rechtsgelehrte oder Kaufleute. Die Wahl erfolgt auf
Lebenszeit durch ein Wahlkollegium, aus einer gleichen Anzahl
von Mitgliedern des Senats und der Bürgerschaft bestehend.
Der Senat wählt aus seiner Mitte den Bürgermeister, in Ham-
burg und Bremen auch einen zweiten Bürgermeister zum Vorsitze
und zur Leitung der Geschäfte.
Die Bürgerschaft wird von den wahlberechtigten Staatsange-
hörigen des ganzen Staatsgebiets nach Klassen und Bezirken auf
eine bestimmte Zeit gewählt. Ihre Mitglieder sind an Aufträge und
Instruktionen nicht gebunden. Für minder wichtige Angelegenheiten
wählt sie einen Bürgerausschuß, in Bremen Bürgeramt.
Senat und Bürgerschaft wirken bei der Gesetzgebung als
gleichberechtige Faktoren der Staatsgewalt zusammen, so daß ohne
Zustimmung beider kein Gesetz zustande kommen kann. Das Gesetz
ist auch hier im rein formellen Sinne zu fassen, so daß auch die
Feststellung des Etats, die Genehmigung gewisser Veräußerungen usw.
darunter fällt. Uberhaupt spricht die Vermutung dafür, daß, soweit
gewisse Staatsfunktionen nicht dem Senate ausschließlich übertragen
sind, Senat und Bürgerschaft zusammenwirken müssen. Rechtliche