Full text: Grundriß des Deutschen Staatsrechts.

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sich von dem Aussehen des Ganzen ein Bild machen kann. Die 
Grundlage einer allgemeineren Betrachtung kann daher nur die 
Rechtsvergleichung sein. 
Nach Zeit und Ort verschieden schwankt das Bild des ge- 
schichtlichen Staates. Je näher verbunden eine Gruppe von 
Staaten nach Ort und Zeit ist, je mehr gemeinsame Züge werden 
sie haben. Und andererseits je umfassender der Stoff für die all- 
gemeine Erörterung, um so weniger wird es möglich sein, noch ein 
gemeinsames Band zu finden. Würde es möglich sein, die Staaten 
aller Zeiten und aller Orte zur Grundlage zu nehmen, so hätte 
man damit zwar das Wesen des Staates an sich. Aber die Ge- 
ringfügigkeit der gemeinsamen Züge ergäbe doch nur ein ganz 
schemenhaftes Bild. 
Nur in der Beschränkung kann die Rechtsvergleichung Erfolge 
haben. Im folgenden werden daher die Staaten der europäischen 
Kulturgemeinschaft der Gegenwart zugrunde gelegt werden. Ein 
Rückblick auf den Staat des Altertums und des Mittelalters ist 
dabei gelegentlich nicht ausgeschlossen. 
Was auf diese Weise gewonnen wird, ist nicht Rechtsquelle 
im Sinne des Naturrechts und des allgemeinen konstitutionellen 
Staatsrechts. Die Ergebnisse erscheinen daher nicht geeignet zur 
Ergänzung von Lücken, Lösung von Zweifeln des positiven Rechts, 
noch weniger dazu, das positive Recht kraft eines höheren Rechts- 
titels zu ersetzen. Die allgemeine Erörterung soll auf Grund der 
Kenntnis der einzelnen Teile nur ein Bild vom Staate im ganzen 
geben. Das dient andererseits wieder zur Vertiefung des positiven 
Staatsrechts. Das allgemeine Staatsrecht, das man noch besser 
als allgemeine Staatslehre bezeichnet, hat daher eine rein wissen- 
schaftliche Bedeutung. 
#J 53. Das MA#lesen des Staates. 
Je nach der Betrachtung des Staates vom philosophischen, 
theologischen, juristischen, volkswirtschaftlichen und geschichtlichen 
Standpunkte wird das Ergebnis, zu dem man über sein Wesen 
gelangt, sehr verschieden sein. Doch in der Hauptsache läuft doch
	        
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