Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

— 171 — 
Für das Reich ist durch Gesetz vom 4. Juli 1868, das all- 
jährlich erneuert wird, die Rechnungskontrolle gleichfalls der Ober- 
rechnungskammer, die zu diesem Zwecke um einige Mitglieder ver- 
stärkt wird und Rechnungshof des deutschen Reiches heißt, nach 
Maßgabe der preußischen Vorschriften übertragen. Dasselbe gilt 
für Elsaß-Lothringen und die Schutzgebiete. 
Die gesetzgebenden Körperschaften haben gleichfalls zu prüfen, 
ob dem Etat gemäß gewirtschaftet ist. Die Regierung hat daher 
in Preußen nach Art. 104 Vl. den beiden Häusern des Land- 
tages, im Reiche nach Art. 72 RV. dem Bundesrate und dem 
Reichstage alljährlich Rechnung zu legen. Dabei bedienen sich die 
gesetzgebenden Körperschaften gleichfalls der Mitwirkung der Ober- 
rechnungskammer, bezw. des Rechnungshofes, indem ihnen die 
Rechnungen mit deren Bemerkungen vorzulegen sind. 
Etatsüberschreitungen können durch nachträgliche Genehmi- 
gung der gesetzgebenden Körperschaften geheilt werden (Indem- 
nität). 
Im engsten Zusammenhange mit Budgetrecht und Rechnungs- 
kontrolle steht das Staatsschuldenwesen. 
Wirtschaftlich ist Aufnahme einer Anleihe ein Darlehns- 
geschäft, übernahme einer Garantie eine Bürgschaft. Sie voll- 
ziehen sich jedoch in vom Privatrechte abweichenden Rechtsformen, 
die durch Art. 97 ff. EG. zum BGB. ausdrücklich vorbehalten sind. 
Die Aufnahme von Anleihen, die Üübernahme von Garantien kann 
nach Art. 103 Vll., 73 RV. nur auf Grund eines Gesetzes er- 
folgen. An sich nur Ermächtigung für die Regierung, das Rechts- 
geschäft wahrzunehmen, enthält das Gesetz auch das Sonderrecht 
für das betr. Rechtsgeschäft. 
Die Anleihen werden in Inhaberpapiere zerlegt und börsen- 
mäßig gehandelt. Der Gläubiger hat kein Kündigungsrecht und 
kann sein Gläubigerrecht nur durch Verkauf zum Börsenkurse ver- 
wirklichen. Staat und Reich tilgen die Anleihe allmählich nach 
einem bestimmten Plane durch Auslosung einzelner Stücke zum 
Parikurse oder durch Aufkauf an der Börse. 
Durch Errichtung eines Staatsschuldbuches durch Gesetz vom 
20. Juli 1883 mit Ergänzung vom 8. Juni 1891 und eines
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.