146 Das Verfassungsrecht. 822
Macht voraus, der gegenüber er sich zu verantworten hat. Da der
Staat und der König als solcher aber von jeder höheren irdischen
Macht unabhängig ist, so erscheint eine Verantwortlichkeit des Königs
als Staatspersönlichkeit rechtlich unmöglich.
In Frage kommen könnte die Verantwortlichkeit des Königs nur,
soweit er verfassungswidrig, d. h. als Privatmann handelt. Als Grund
für die absolute Unverantwortlichkeit des Königs hat man gewöhnlich
angegeben, „das Strafrecht könnte die Person des Königs nicht treffen,
ohne mit der königlichen Würde die Regierung selbst zu verletzen“
(Dahlmann). Letztere Tatsache ist richtig, aber sie rechtfertigt nicht
die absolute Unverantwortlichkeit des Königs. Ein Schadenersatzanspruch
wegen einer verfassungswidrigen Regierungshandlung des Königs gegen
ihn wäre ohne Verletzung der Regierung sehr wohl denkbar, um so
mehr, als der König sonst in Privatrechtsstreitigkeiten vor den ordent-
lichen Gerichten Recht nimmt. Der Grund für die absolute Unver-
antwortlichkeit des Königs liegt einfach darin, daß jede Verantwort
lichkeit eine übergeordnete Macht voraussetzt, die zur Verantwortung
zieht, der König aber, auch wenn er nicht als Staatspersönlichkeit,
sondern als Privatmann handelt, niemandes Unterlau ist. Der König
als Privatmann könnte höchstens sein eigener Untertan, der des Königs
alo Staatspersönlichkeit, sein. Diese Identität von Subjekt und Objekt
ist aber hier deshalb unmöglich, weil der Untertanenbegriff kein
privatrechtlicher, sondern nur ein staatsrechtlicher ist, als staatsrecht!
liche Persönlichkeit des Königs aber allein die des Herrschers besteht.
Ist aber der König als Privatmann niemandes Untertan, so kann er
auch als Privatmann nicht zur Verantwortung gezogen werden. Wenn
der König in seinen Privatrechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen
Gerichten Recht nimmt, wenn im Namen des Königs gegen den König
Recht gesprochen wird, so beruht dies einfach auf der Fiktion, daß
der König als Privatmann, soweil es sich um seine Privatrechts-
streitigkeiten handelt, wirklich ein Untertan wie jeder andere wäre.
Diese Fiktion darf aber nicht weiter ausgedehnt werden, als dies
gesetzlich ausdrücklich geschieht, d. h. auf Privatrechtsgeschäftes). Soweit
die Fiktion nicht Platz greist, kommt das tatsächlich bestehende Rechts-
verhältnis zur Geltung, daß der König niemandes, auch nicht sein
eigener Untertau ist. Dieses Rechtsverhältnis hat eine ausdrückliche
8) Vgl. § 18 II, 13 in Verbindung mit § 80 Einl. A. L.-R.