618 Das Verwaltungsrecht. 8215
zwar zur Erhebung der Einnahmen berechtigt sein, aber keine
einzige Ausgabe machen dürfen. Das Verhältnis würde sich
dann ungefähr folgendermaßen gestalten. Die Einnahmen gehen
nach wie vor ein, alle staatlichen Kassen füllten sich bis zum
Ueberflusse. Aber die Regierung müßte das Heer entlassen, alle
Zuchthäuser und Gefängnisse öffnen, die Gerichte schließen, die
Zahlung der Besoldungen an die Beamten einstellen und auf
alle Anfragen, welche an sie über die Gründe dieser das ganze
Staatswesen auflösenden Taten ergingen, könnte sie nur die
stereotype Antwort geben: „Der Landtag hat für dieses Jahr
nichts bewilligt, hoffentlich kommt für nächstes Jahr wieder ein
Etat zustande.“ Man braucht sich nur diese Folgen klar zu
machen, um zu erkennen, daß dies nicht die Bedeutung des
sogenannten Ausgabebewilligungsrechtes sein kann. Es meint
etwas ganz anderes, als es sagt. Es sollen nicht die Ausgaben
überhaupt unmöglich gemacht, es soll damit nur ein Zwangsmittel
auf die Regierung ausgeübt werden, sich dem Willen der Volks-
vertretung zu fügen oder abzutreten. Das Ausgabebewilligungs-
recht ist also nicht Selbstzweck, sondern politisches Machtmittel
und wird als solches auch in allen Staaten anerkannt, in denem
überhaupt das sogenannte Budgetrecht der Volksvertretung zur
Geltung gelangt ist. Dem prenßischen Staatsrechte ist jedenfalls
das Ausgabebewilligungsrecht der Volksvertretung fremd. Das
Nichtzustandekommen des Etats kann daher auch nicht die Folgé
haben, daß die Regierung die Staatsausgaben einstellen oder sich
dem Willen der Volksvertretung beugen müßte.
Von den verschiedenen staatlichen Ausgaben scheiden zunächst
aus die rechtlich notwendigen. Diese waren zu leisten, auch wenn
sie keine Aufnahme in den Etat gefunden hatten. Die rechtlich
notwendigen Ausgaben sind also vom Etat überhaupt unabhängig,
sie müssen demnach auch fortgeleistet werden, wenn kein Etat zu-
stande gekommen istt).
7) Hiermit stimmt die herrschende Lehre vollständig überein. Vol.
Laband, Budgetrecht a. a. O. und StR. des Deutschen Reiches
a. a. O.; Gucist, Gesetz und Budget S. 183 ff.; H. Schulze in
Grünhuts Zeitschrift Bd. 2, S. 169 ff. und Pr. SlR. Bd. 2, S. 216 fi“#
G. Meyer in Grünhuts Zeitschrift a. a. O. S. 43 ssg. Hier wird
ziemlich übereinstimmend ausgeführt, die bestehende Rechtsordnung se'