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Am 5. Mai 1917 erließen die Bremer und Hamburger Links-
radikalen einen Aufruf zur Gründung einer linksradikalen Partei
unter Ausschluß der „U. S. P. O.“ Dieser Plan fand aber zunächst keine
Verwirklichung 1. Am 6. Mat 1917 fand in Halle eine Generalver-
sammlung des Sozialdemokratischen Vereins statt, in der der Uübertritt
zur „U. S. P.D.“ beschlossen wurde.
Anm l15. Mai 1917 hielt Scheidemann den Zeitpunkt für ge-
kommen, auch seinerseits einmal im Reichstag unter dem Schutze der
Immunität von der Revolution wenigstens zu sprechen. Seine
Drohung gipfelte in den Worten:
„Würden heute die englische und französische Regierung, wie
es die russische schon getan hat, auf Annerionen verzichten, und
die deutsche Regierung den Krieg dann um Eroberungsziele
fortsetzen wollen, dann, verlassen Sie sich darauf, haben Sie
die Revolution im Lande .
Am 4. Juni 1917 kam es in Wilhelmshaven auf einigen Linien=
schiffen des 3. und 4. Geschwaders zu Dienst= und Gehorsamsver-
weigerungen. Dies war der erste Erfolg der revolutionären Pro-
paganda in der Marine, die vornehmlich von den Abgeordneten der
„U. S. P. D.“ betrieben wurde. Über die näheren Vorgänge dieser
Revolte äußern sich die späteren Mitglieder des Kieler Soldatenrates
Popp und Artelt folgendermaßen?:
„ . Die „Leipziger Volkszeitung“ und einige andere Organe
der „U. S. P. D.“ hatten eine weite Verbreitung in der Marine
zefunden. Regelrechte Organisationen der „U.S.P.D.“ waren
innerhalb der Marine entstanden. Große Hoffnungen wurden
an die Ereignisse in Stockholm geknüpft. Die Genossen Reich-
pitsch und Köves und andere traten an den Vorstand der
„U. S. P. D. in Kiel und Berlin heran zwecks Fühlungnahme
und Erhalt von Agitationsmaterial. Das ziel der Be-
wegung war schon damals die Erzwingung des Friedens und
die Durchführung der sozialistischen Revolution
Es unterliegt also keinem Zweifel mehr, daß die Reichstags-
abgeordneten der Unabhängigen Sozialdemokratischen
1 Drahn, „Unterirdische Literatur“, S. 87.
2 Popp und Artelt, „Ursprung und Entwicklung der Novemberrevolution
1918“, S. 6.