Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

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Hieraus leitet er schließlich den Schluß ab: 
„Unsere Reichstagsfraktion kann der jetzigen Reichsleitung 
keine Kriegsforderungen bewilligen, und ebensowenig einer 
anderen Reichsleitung, die sich nicht ausdrücklich und unzwei- 
deutig im allgemeinen und in den wichtigeren Einzelfragen zu 
unseren Friedensforderungen und den notwendigen Ver- 
fassungsänderungen bekennt.“ 
Man sieht, zu welchen Schlußfolgerungen die Taktik der Po- 
litik vom 4. August 1914 führte. 
Nach Hoch sprach Stampfer, der erklärte: 
„Wir müssen jetzt übergehen zu einer Politik des gegenseitigen 
Forderns und des unmittelbar wirksamen Kampfes. Wir sind 
zu groß geworden, um nichts zu erreichen ... Wir kommen mit 
dem starren System nicht weiter, wir brauchen eine geschmeidige 
Taktik, volle, gradlinige Verfolgung unserer Ziele, volle Freiheit 
in der Wahl der Mittel. So werden wir zum Siege gelangen." 
Am Schluß der Vormittagssitzung sprach Winnig, der rund- 
heraus erklärte: 
„Wir müssen bereit sein zur parlamentarischen Taktik oder 
auch dazu, in Sturm und Drang zu stürzen, was zum 
Fallen reif ist.“ 
Am 4. Verhandlungstag sprach Philipp Scheidemann!. Der 
wesentlichste Sinn seiner langen Ausführungen gipfelt in dem Satze: 
„Das Proletariat ist kein Mietsoldat der herrschenden Klassen, 
sondern ein durch die Not hervorgegangener Bundesgenosse, der 
am Schluß seine Rechnung präsentieren wird. Wir stehen erst 
am Anfang der ungeheuren Machtverschiebung zugunsten des 
Proletariats, die der Krieg hervorgerufen hat, und dadurch hat 
die sozialdemokratische Partei die unmittelbare Anwartschaft 
auf die Macht im Staate gewonnen. So oder so wird sich das 
parlamentarische System durchsetzen.“ 
„So oder so“, das ist das Kennzeichen der Haltung, der Moral 
und der Politik der Sozialdemokratie vom 4. August 1914 bis zum 
9. November 1918. 
1 „Vorwärts“, 19. Oktober 1917.
	        
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