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Der Vater des parlamentarischen Systems in Deutschland, Herr
Erzberger, hat früher einmal geschrieben, daß der Kernpunkt einer
Demokratisierung die Frage sei, „ob die Aristokratie des Geistes die
Oberhand erringt oder die Demagogie der Zahl und der Masse“1.
Unterstellt man die aus dem parlamentarischen System hervorgegan-
gene Demokratie Deutschlands dieser Erzbergerschen These, so wird
man zugeben müssen, daß die Aristokratie des Geistes niemals eine
Rolle gespielt hat, wohl aber war vom ersten bis zum heutigen Tage
die „Demagogie der Zahl und der Masse“ ausschlaggebend.
Diese Demagogie der Zahl und Masse war überhaupt das eigent-
liche treibende Motiv der Parteien der Friedensresolution von Erz-
berger bis Scheidemann. Ihr „schöpferischster“ Begriff, jene erbärm-
liche Phrase der Majorität, die seitdem Deutschland so tief ins
Unglück gebracht hat, wie es ein einzelner Regent niemals fertigge-
bracht hätte, da ihn die persönliche Verantwortung, die der Majo-
rität der Masse abgeht, vor den Richtstuhl des Gewissens gezwungen
hätte.
Kennzeichnend für diese Demagogie ist die Einstellung der Parteien
des parlamentarischen Systems, die, aus der Brutalität ihrer Macht-
gelüste entspringend, eine rein innerpolitische war und ohne jede
Rücksicht auf die außenpolitischen Folgen ihre Hauptaufgabe in der
völligen innerpolitischen Zerstörung Deutschlands sah, die ihnen die
einzige Gewähr für eine geeignete Verständigungsbasis mit der
Entente bot. Das Urteil über diese Politik haben die Sozialdemokraten
sich selbst gesprochen, indem einer der ihren am 9. August 1918 in der
„Internationalen Korrespondenz“ schrieb:
„Ein Narr, wer glaubt, daß wir durch Ententesiege jemals
dem Verständigungsfrieden näherkommen.“
Berücksichtigt man ferner die politische Entwicklung der ausschlag-
gebenden Führer der ersten parlamentarischen Regierung, so muß man
zu der Einsicht kommen, daß sie der Politik des Reichs nur noch
die Wendung zur Katastrophe geben konnten. Da ist an erster
Stelle Erzberger, der sich im Wandel der Zeiten folgendermaßen
Darstellt.
1-Erzberger, „Politik und Völkerleben“, 1914.