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„Herzerfrischend ist die Tätigkeit und sind die Veröffent-
lichungen des Bundes Neues Vaterland, indem sich neue Kreise
unserer Bewegung anschließen. Was dieser Bund unter den
gegenwärtig schweren Umständen leistet, läßt für später Aus-
gezeichnetes erhoffen."
In der deutschen Presse dachte man über diese recht zweifelhafte
Tätigkeit anders und führte für sie das Wort von der „Maulwurfs-
arbeit“ ein. Es ist nicht uninteressant zu lesen, daß damals sich selbst
der frankophile Georg Bernhard in der „Vossischen Zeitung“ vom
21. Juni 1915 gegen die Tätigkeit der Mitglieder des Bundes Neues
Vaterland mit den Worten wandte:
„.. Ihnen sollte meines Erachtens von unseren verantwort-
lichen Politikern energischer entgegengetreten werden, als das
bisher der Fall war
Am 28. und 29. Mai 1915 entwickelte der Reichskanzler Bethmann
Hollweg im Reichstag das Friedensprogramm der Regierung, zu dem
sich die parlamentarische Opposition im Plenum nicht äußern konnte.
Dies nahm sie zum Anlaß, um am 9. Juni 1915 einen „Offenen Brief
an den Vorstand der Partei und an den Vorstand der Reichstags-
fraktion“ (Faksimile 5) zu verbreiten, der bald über 1000 Unterschrif-
ten fand. Dieser Brief war der Auftakt zum Kampf der Oppo-
sition in der breiten Offentlichkeit. Bereits am 19. Juni 1915
folgte diesem Brief das von Bernstein, Haase und Kautsky
unterzeichnete Manifest „Das Gebot der Stunde“ in der „Leip-
ziger Volkszeitung“1.
1 Die Schlußsätze dieses Artikels lauten: „Nachdem die Eroberungs-
pläne vor aller Welt offenkundig sind, hat die Sozialdemokratie die volle
Freiheit, ihren gegensätzlichen Standpunkt in nachdrücklichster Weise geltend zu
machen, und die gegebene Situation macht aus der Freiheit eine Pflicht. Das
Proletariat erwartet sicherlich, daß, ebenso wie im Jahre 1870 sich bei einer ähn-
lichen Situation alle Sozialdemokraten, trotz ihrer Meinungsverschiedenheiten
beim Ausbruch des Krieges, zu einem einmütigen Handeln zusammenfanden,
die Soztaldemokratie auch jetzt in gleicher Einmütig-
keit zusammenstehen wird.
Wir wissen, daß die Friedensbedingungen, die von einer Seite
der Kriegführenden der anderen aufgezwungen werden, keinen wirklichen Frieden
bringen, sondern nur neue Rüstungen mit dem Auoblick auf einen neuen Krieg