Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

Als Manusteit gedraci. Berlin, deu 9. Juni 1915 
An den Vorstand der sozialdemokratischen Partei Deutschlandsl 
An den Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion, Berlin! 
Werte Genossen! 
Die Lertonsf der lehen Woachen bwingen ums zu dieem Schriben 
M# dem 4. August 1914 hat die parlomentorische und auherparlamentorische Lettung der deutschen Sozlal- 
EIs1ta NMJ,N3T4 Feschichtlichen 
Augenblick, sondern eine immer schroffere Abkehr von liheen bisherigen Grundsätzen bedeutet. 
Die verhängnisvollen zchunmnn dieser Abkehr ergriffen unerbittlich von der äußeren Politik aus die gesap#u#e 
innere Politit der Partei, die damlt auf beiden Gebieten aufhörte, als selbständiger Fator zu existieren. Die Aner- 
tengung des Burgtriedens war das Krenz auf dem Gr#be des Kloalsenkampfes, der nicht in behör und parla- 
Jilchen Geheimkorwentikeln, noch durch eine Hintertreppenpolitik nach dem Muster kapitallstischer Klüngel geführt 
Die Mehrheit der Reichstagsfraktion wich jedem — Kampf aus, selbst dem für die Koalitionsfroiheit, 
für die Wahlreform. '— Belagemmoszustandes zu beantragen, und perwan- 
delte damit die ausgezwungene Rechtlosigkeit in eine freiwillig dbemnommn-, Em dann durch Wern Tedner der uner 
tänigen Hoffmmg Ausdruck zu geben, eine Mildenmg der Zenfur lasse sich vielleicht von einer Fürsproche beim Kaiser 
Von Session zu Session munden die Hoffmungen auf eine Aendenung der Fraktionspolitik vertröstet und ver- 
schoben. Und immer von neuem enttäuscht. Der Mai brachte die Vollendung des Zusammenbruchs. 
Immer Uarer war zutage getreten, daß der Kriec nicht der Verteldigung der nationalen Unmwersehrthe# diert. 
Immer deutlicher offenbart. Immer 
Annexionspolitik wurden abgelegt. *s:m den — einflußreicher Drahtzleher des Kapitallsmus traten Kumd- 
çdebungen mächtiger kapitalistischer Wirtschaftsverbände, Beschlüsse der bürgerlichen Parteien und im Fe- 
bruar die vom Herrenhaus mit e Zustimmung aufgenommene des Herrenhauspräsidenten, die die Mög- 
Uchkett eines sofortigen Friedens unter erhaltung deß blsherigen deutschen Besithstandes feststellte, aber die Fort- 
letzung des Krieges zu Eroberungszwecken für geboten erklärte, eine Rede, durch die sich die Mehrheit der sozialbemo- 
——- dennoch nicht em der Bewllligung neuer zehn Milltarden Kriegskredite und des Budgeks hatte 
ndern lassen. 
Die übergroße Masse der Parteigenosten dohetm wie im HBeloe erwartete, daß die Reichstogsfraltion e 
jetzt endlich im Mai, nach langen 10 Monaten eines furchtbaren, in Dauer und Ausgang umübersehbaren Krücges in 
Mossen im Klassenkampf auszururzen und so für seine rusche Beendigung zu wirten. 
Die Erwartung der Massen ist wieder unerfüllt geblleben. 
Wie die Fraktionsmehrheit kein Wort des Protestes gegen den Buuch der belgischen Neutralität gefunden hatte. 
wie sie es ablehnte, ihre Stimme zu erheben gegen die Torpedierung der Dstante. gegen das Vergeltmgsprinzin das 
zu einem Wettlak der Grausamkeit führt * Zwilbcpöllerung ummer tiefer in die Schrecknisse des Krieges veitt. 
wie sie es unterliet, nach dem Beispiel unserer kbescen ruslischen, englischen und belleallchen Genossen *“ 
— ie sie half, dem imperialistischen E en den Deckmantel des 
#eiericmas arncsee so hat sie oso ven Wenn der sozlaldemokratische Redner am 29. M# in einigen 
Wendungen vof Hr zinlsich ire für einen Frieden ohne Annexion eintrat, so nonen Form imd 
Begleitumstände den Charakter einer ernsten Friedenslundgebung. sich nach ihe 
on vornherein di 
abspielte, sempeur r çgoanze Frhn für In- und Ausland zum Gegentell einet ed5 
Die volle Bedeutung dieser Haltung der Tralch= da ge de K#Mgsziel 
der Regierung gaonz autce ronn #ung de Geson Umverdlümt haotte der Reichskanzler der Reichstagssitzung 
dom 28. Mai den Eroberungskrieg proklamiert, zu dessen Programm, dr- Froktion un., te, die offene UAn- 
nexion ruslischer und französischer Gebietstelle und unter dem sen 
die versteckte Annexion Belgiens gehört. diese Prolla galt es, die sozialdemokratische Antrpock zu ertellen. 
Die lozlaldemokratische Franionsmehrheit jedoch fand darautk, von jenen Redewendungen abgesehen, mwar 
ein erneutes is zur Politik des 4. August, dos beißt zur Willfährigkeit u der Regienmo und den her- 
schenden Klassen; und das, obwohl Graf Westarp sie unter Beih geshgeal Parteien durch den — frellich von 
Müitgliedern sozialdemokratischen Frasktlon unterstlitten! — Handstreich Bertagung#aantroges, gerade eben die 
Der bringendste Unlah wor gegeben sich — der Megierungs-Mefepspolltiz lospufagen usnd chr den 
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Faksimile 5. (Siehe S. 29.)
	        
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