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proletarischer Jugend zum gemeinsamen revolutionären Kampf
anstrebte 1.
Vom 14. bis 19. Dezember 1915 tagte in Bern der Vollzugs-
ausschuß des „Internationalen Komitees zum Studium für einen
dauernden Frieden“, nachdem der eigentliche Kongreß wegen „Paß-
schwierigkeiten" der meisten Teilnehmer fallen gelassen werden mußte.
1 Die Leitsätze lauteten folgendermaßen: Die programmatische ZSweck= und
Ziellosigkeit heutiger Jugendbewegungen kann mit ehrlichem Gewissen vor der
Jugend nicht mehr verantwortet werden. Es gibt politische Forde-
rungen, kulturelle Pflichten, die so unmittelbar in das Leben
der Jugend eingreifen, daß es Vogelstraußpolitik treiben hieße, wollte man sich
dieser alltäglichen Erkenntnis verschließen. Diese politische Arbeit, der die Jugend
mutig und entschlossen entgegensehen soll, wird niemals von Verbänden und
Vereinen, sondern nur von einer wirklich großzügigen Arbeitsgemeinschaft der
gesamten Jugend geleistet werden können. Voraussetzung dafür ist, daß die
Jugend selbst beginnt, die tiefgehenden Gegensätze zwischen bürgerlicher
und proletarischer Jugend zu überbrücken. Wie die politische, so
wird auch diese Arbeit niemals von Vereinen geleistet werden, sondern nur von
einzelnen Jugendlichen, jugendlichen Persönlichkeiten. Wie wichtig es darum ist,
daß in allen Städten Jugendliche die persönliche Arbeit des Kennenlernens, der
Verständigung beginnen, wird jedem einleuchten. Es kommt jetzt alles darauf
an, den Kampf des intellektuellen Chauvinismus, den Streit um „Führer“ und
„Berufene“ aufzugeben. Ee ist noch gar nicht an der Zeit, die Höhengrade der
Jugendbewegung zu messen, sondern es ist augenblicklich dringend wichtig,
einmal die Flächenmessung vorzunehmen, die Größe, Einheit und Tragfähigkeit
der Basis jugendlicher Gemeinschaft festzustellen. — Auf dieser Basis leben in
Deutschland allein sechs Millionen jugendlicher Menschen.
Wir wissen, welch verschwindend kleiner Teil dieser ungeheuren Energiemenge
erst fruchtbar gemacht ist. Wir wissen aber auch, daß auf dieser Basis noch un-
gezählte Millionen der europäischen Jugend leben und schaffen, zu
welchen wir nur spärliche, durch Falsch= und Vorurteile gehemmte Beziehungen
haben. Hier liegen für die Jugend, die berufen ist, auf den Trümmern des heu-
tigen Europa neues Leben und Wirken zu gründen, große Aufgaben, denen sie
sich nicht entziehen kann — — darf! Die kommenden Geschlechter werden denen
Dank wissen, die sich mit ganzer Hingabe und Ehrlichkeit zu der Arbeit rüsteten,
die sie threr menschlichen Berufung gerecht werden ließ.— Die „C. A. S.“
wird alles versuchen, um in unserem Lande und, soweit es jetzt möglich, in den
neutralen Ländern Jugendliche zu gewinnen, die bereit sind zur persönlichen
Mitarbeit an der jugendlichen Gemeinschaft, und gewillt, unerbittlich Selbst-
kontrolle zu üben und gleichzeitig jedem Chauvinismus, sei er nationaltsti-
scher, konfessioneller, parteipolitischer, intellektueller oder romantischer Natur,
geschlossen entgegenzutreten.