Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

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die neue Fraktion der „Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft“, 
der 18 Abgeordnete angehörten. Unmittelbar danach erschien das von 
dem Vorwärtsredakteur Ernst Meyer verfaßte Flugblatt „Die Lehren 
des 24. März“1. 
Die Opposition hatte nun freie Hand, und sie betrieb ihre Agi- 
tation mit äußerster Energie?. In demselben Monat noch tagte in 
Mitteldeutschland eine Konferenz aller revolutionären Oppositions- 
gruppen, auf der nicht weniger wie 8 Berliner und 20 Wahlkreise aus 
Deutschland vertreten waren. Die illegale Arbeit der Opposition war 
jetzt um so leichter, als sie energisch durch die Tätigkeit der Sozial- 
demokratischen Arbeitsgemeinschaft im Reichstag, deren Mitglieder 
als Abgeordnete sich hinter der Immunität verschanzten, gefördert 
wurde. Die Hochburg der Opposition war Berlin, wo beson- 
1 In diesem Flugblatt heißt es: „Diese neue Fraktion scheint bestrebt zu 
sein, der Welt zu beweisen, daß sie kein Wässerlein in der Partei trüben will, 
statt zur sichtbaren Fahne der Rebellion gegen die Diktatur der verräterischen 
Parteiinstanzen zu werden. Genossen und Genossinnen, steift dieser zaghaften 
Minderheit den Rücken, treibt sie vorwärts. Stellt den Haase-Ledebour stets 
die Forderung: 
1. daß sie in Zukunft alle Forderungen auf Kriegskredite ohne Rücksicht auf 
die militärische Situation unter grundsätzlicher sozialistischer Begründung ab- 
lehnen; 
2. daß sie der Regierung des Belagerungszustandes und des Weltkrieges 
jegliche wie immer geartete Steuern verweigern; 
3. daß sie die kleinen Anfragen und sämtliche Mittel der parlamentarischen 
Geschäftsordnung zur ständigen Bekämpfung der imperialistischen Parteien, zur 
Aufrüttelung der Volksmassen ausnutzen. Nur unter eurem energischen un- 
aufhbörlichen Druck kann die neue Spaltung in der Fraktion der Ehrenrettung 
des internationalen Sozialismus dienen.“ 
à Prager schreibt darüber in seiner „Geschichte der U. S. P. DO.“: „Um die 
Gegner der Kriegspolitik im Reichstag und Abgeordnetenhaus sammelte sich 
nun ein von Woche zu Woche größer werdender Kreis Parteigenossen. Da öffent- 
liche Aussprachen untersagt waren und auch in Parteiversammlungen eine klare 
Stellungnahme sich nicht immer ermöglichen ließ, mußte sich die Opposition zu 
besonderen Zusammenkünften vereinigen. Durch Flugblätter und 
Broschüren versuchte die Opposition Einfluß auf die Masse der ununter- 
richteten Parteigenossen zu gewinnen.“ 
Am treffendsten hat der Unabhängige Abg. Cohen-Reuß auf dem Räte- 
kongreß in Berlin vom 10. April 1919 die Tätigkeit der Opposition mit den 
Worten gekennzeichnet: „Wir haben jahrzehntelang gehetzt, obgleich wir wußten, 
daß wir übertrieben."
	        
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