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Sie war also in Wirklichkeit die gelungene Erpressung der Kapi-
tulation des monarchischen Prinzips.
Während sich also im Jahre 1917 auch in der offiziellen Politik
der Umschwung zum Linkskurs vollzieht, schreiten die revolutio-
nären Kreise zu einer festeren agitatorischen Zusammenfassung und
können die ersten größeren Erfolge auf ihr Konto buchen.
Bereits am 6. Januar 1917 fand im Hause Liebknechts eine Kon-
ferenz der Vertreter der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft und
der Spartakusanhänger statt, auf der man sich über die Frage des
organisatorischen Zusammengehens aussprach. Daran anschließend
tagte am 7. Januar 1917 eine Konferenz der Vertrauensleute aller
Richtungen der Opposition in Berlin, deren Einberufer Haase,
Ledebour und Vogtherr waren. An ihr nahmen 157 Genossen teil,
unter denen auch Kurt Eisner! war. Ein von Kautsky ausgearbeitetes
Manifest beschloß die Tagung, die allein schon durch die beträchtliche
Zahl ihrer Teilnehmer am deutlichsten den Fortschritt der revolutio-
nären Bewegung dokumentiert.
Die Mehrheitssozialdemokraten sahen sich durch diese Tatsache
wie immer gezwungen, auch ihrerseits etwas zu unternehmen, und
beriefen zum 18. Januar 1917 den Parteiausschuß ein, auf dessen
Sitzung eingehend über den Konflikt innerhalb der Partei verhandelt
wurde. Kennzeichnend für diese Sitzung des Parteiausschusses sind
vor allem die Ausführungen Eberts, die, wenn sie auch für die
Opposition absolut unannehmbare Konzessionen bedeuteten, doch für
die schwankende und unaufrichtige Haltung der Sozialdemokratie
ücharakteristisch sind.
Ebert erklärte, daß die Politik vom 4. August der Sozialdemokratie
„lediglich die Pflicht zur Landesverteidigung“ auferlegt habe,
und daß diese ganze Politik überhaupt nur „lediglich eine Frage
der Taktik“" gewesen sei. Hiermit bekennt Ebert für die Sozial=
demokratie, daß sie niemals aus nationaler Uberzeugung heraus das
Volk in seinem Kampf auf Leben und Tod unterstützt hat, sondern
1 Es sei hier daran erinnert, daß Eisner bei Kriegsausbruch ein äußerst
chauvinistischer Anhänger des „Völkermordens" war. Siehe „Berliner Tageblatt“
vom 30. November 1918.
2 Richard Berger, „Die deutsche Sozialdemokratie im dritten Kriegsjahr“,
S. 41.