Full text: Staats- und Verwaltungsrecht der freien und Hansestadt Lübeck.

Geschichtlicher Überblick. 5 
Revision nicht erst, wie vorgeschlagen, nach fünf Jahren, son- 
dern jederzeit vorgenommen werden möchte, sobald reifliche 
Erwägungen sie als angemessen würden erscheinen lassen. 
Es konnte nicht ausbleiben, daß darauf bald Anträge und 
Gesuche auf Ausdehnung der Wahlberechtigung eingingen. 
Der durch die neue Verfassung geschaffene Bürgerausschuß, 
dem sie zur Prüfung überwiesen wurden, erklärte, daß sich 
der Anspruch der „Einwohner“ auf eine angemessene Ver- 
tretung in der Bürgerschaft nicht verkennnen lasse, und emp- 
fahl, eine gemeinsame Kommission des Senates und der Bürger- 
schaft zur Prüfung dieser Frage einzusetzen. Der Senat trat 
dem bei. Nachdem schon am 29. August 1843 die Kommission 
Bericht erstattet hatte, beantragte der Senat am 9. September 
die Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Bürgerausschuß 
und Bürgerschaft lehnten den Antrag zunächst ab. Letztere 
machte einen ergebnislosen Versuch, durch eine Kommission 
mit den Einwohnern zu verhandeln, entschied sich aber dann 
entgegen den Vorschlägen der Mehrheit dieser Kommission, 
die unter Beibehaltung des ständischen Prinzips aus den bis 
dahin vom Wahlrecht ausgeschlossenen Steuerpflichtigen eine 
neue ständische Wählerklasse bilden wollte, am 9. Oktober 
1848 für den Grundsatz des allgemeinen gleichen Wahlrechts,. 
Am 30. Dezember 1843 wurde die auf dieser Grundlage auf- 
gebaute Verfasssung veröffentlicht. 
Wichtigere Änderungen erfuhr die Verfassung noch in 
den Jahren 1851, 1875, 1902 und 1905. Die erste betraf die 
schon 1848 in Aussicht genommene anderweitige Organisation 
des Gerichtswesens (siehe unten S. 8). Durch sie wurde 
die Zahl der Senatoren auf 14 festgesetzt. Nach der Gründung 
des Deutschen Reiches wurde eine erneute Revision der Ver- 
fassung und deren Anpassung an die Reichsgesetzgebung er- 
forderlich und durch Gesetz vom 7. April 1875 zu Ende ge- 
führt. Die zuletzt erwähnten Änderungen betrafen das Recht 
der Wahl zur Bürgerschaft; auf sie wird unten zurückzukommen 
sein. Nach Abschluß der sich auf diesen Gegenstand be- 
ziehenden Verhandlungen wurde der Senat durch Rat- und 
Bürgerschluß vom 30. September 1907 ermächtigt, die Ver- 
fassung neu zu veröffentlichen; dies ist unter dem 2. Oktober 
1907 geschehen.
	        
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